Religiöse Arbeitsverweigerung:Glaubensfrage ohne Antwort

Darf ein Supermarkt als Arbeitgeber einen Moslem zwingen, Bierkästen zu stapeln? Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung vertagt.

Die Kündigung eines Muslims, der aus Glaubensgründen die Arbeit an den Alkoholregalen eines Supermarkts verweigerte, wird die deutsche Justiz weiter beschäftigen. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt verwies die Klage des Mannes wegen unzureichender Faktenlage zurück an das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.

Gläubige in Moschee in München, 2010

Moslems (hier eine Moschee in München) landen mitunter vor deutschen Gerichten, weil ihre Vorstellungen mit denen ihrer Arbeitgebern kollidieren.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Muslim hatte im März 2008 seinen Job als Ladenhilfe in einem Supermarkt verloren, weil er mit Verweis auf den Koran keine Regale mit alkoholischen Getränken auffüllen wollte. Die zweite Instanz muss nun klären, ob die ungelernte Kraft nicht auch anderswo in der Filiale hätte eingesetzt werden können.

Einen Vergleich lehnte der Anwalt des Klägers erneut ab. "Es bleibt die Frage, was dem Arbeitgeber an Rücksichtnahme zumutbar ist, ohne in organisatorische Schwierigkeiten zu geraten", sagte der Vorsitzende Richter des Zweiten Senats, Burghard Kreft. Für Konflikte, in denen die Glaubensüberzeugung des Arbeitnehmers mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers kollidiere, gebe es keine schematischen Lösungen. Hätte beispielsweise der Arbeitgeber ausschließlich einen Weinhandel betrieben, wäre die Kündigung nach der religiös begründeten Arbeitsverweigerung sicherlich "keine unangemessene Reaktion" gewesen, sagte Kreft.

Der Kläger hatte zunächst in einer dem Supermarkt angeschlossenen Autowaschstrasse gearbeitet und konnte daher nicht damit rechnen, mit Alkohol in Berührung zu kommen, sagte sein DGB-Anwalt Thomas Heller. Später wurde er als Ladenhilfe übernommen und im Getränkeverkauf eingesetzt. Dort räumte er Bierkästen um und füllte Regale auf. Auf eigenen Wunsch wurde er in die Frischwarenabteilung versetzt.

Nach wiederholter Krankheit wurde der zweifache Familienvater wieder in den Getränkeverkauf versetzt. Er weigerte sich jedoch, dieser Anordnung Folge zu leisten, wurde gekündigt. Er lebt seitdem von Hartz-IV und kämpft um seinen Job.

Der Anwalt des Supermarktes sprach von einer "beharrlichen Arbeitsverweigerung" und einer "Beliebigkeit" bei der Ausübung des Glaubens. Der Anwalt des Klägers argumentierte, dass die Filiale 160 Mitarbeiter beschäftige und es auch andere Arbeitsmöglichkeiten wie das Einsammeln von Einkaufswagen gegeben hätte.

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