Neue Wege der Bewerbung:"Endlich gibt sich mal jemand Mühe"

Ein Studium inklusive Auslandsaufenthalt, diverse Praktika und eine halbwegs ausgefallene Fremdsprache? Längst nichts Besonderes mehr für Personaler. Doch wie fällt man in der Masse auf?

Julia Bönisch

Nicht rasieren, olle Klamotten tragen und einen Politiker provozieren - das war das Rezept, mit dem sich der ehemalige Arbeitslose Henrico Frank wieder einen Job verschaffen konnte. Er hielt sich an eine Regel, nach der sich laut Karriere-Beratern alle Bewerber richten sollten: Sie müssen auffallen, damit Personaler sie in der Masse der Kandidaten überhaupt wahrnehmen.

in der Masse auffallen

In der Masse auffallen: Bewerbungen müssen Personalern in Erinnerung bleiben.

(Foto: Foto: iStock)

"Die Lebensläufe werden sich immer ähnlicher", sagt Jürgen Hesse, Bewerbungstrainer und Autor des Ratgebers "Neue Wege der Bewerbung". Nahezu jeder Uni-Absolvent habe heute einige Zeit im Ausland verbracht und mehrere Praktika absolviert. "Deshalb wird die Verpackung immer wichtiger. Wenn die dem Personaler nicht ins Auge sticht, hat der Bewerber keine Chance."

Unrasiert zum Bewerbungsgespräch zu erscheinen, eine Mappe mit Kaffeeflecken oder Eselsohren abzugeben, führt allerdings nur selten zum Erfolg. "Die Job-Anwärter müssen ihr positives Alleinstellungsmerkmal verkaufen", so Hesse. "Entscheidend ist die besondere Idee bei der Bewerbung."

Zwar gelte die Faustregel, bei konservativen Unternehmen nicht zu experimentierfreudig zu sein. Dennoch solle die Bandbreite der Möglichkeiten ausgeschöpft werden. "Warum nicht mal eine Bewerbung im Querformat?", sagt Hesse. "Das fällt sofort auf, ist aber genauso seriös."

Die wichtigste Komponente der Bewerbungsunterlagen sei das Foto: Menschen, die hier sympathisch wirken, hätten immer bessere Chancen. "Natürlich ist es nicht gerecht, wenn hübschere Menschen deshalb bessere Aussichten auf einen Job haben", sagt Hesse. "Aber das ist nun einmal so, deshalb muss jeder das beste draus machen."

Für Frauen empfiehlt er etwa eine Aneinanderreihung von drei Porträtfotos, die den Kandidaten jeweils aus einem anderen Winkel zeigen. Genauso könne man auch Arme, Hände und Oberkörper mit aufs Bild nehmen und sich in einer Gesprächssituation ablichten lassen. Das vermittle Dynamik.

Postkarte mit Pflaster

Neben der klassischen Bewerbungsmappe als Reaktion auf eine Stellenanzeige kennt Hesse auch andere Formen, die bei der Stellensuche zum Erfolg führen, etwa den Bewerbungsflyer, die Profilcard oder den Bewerbungssticker. Jobsuchende können sie beispielsweise auf Jobmessen und Bewerberbörsen gut als Ersatz für Visitenkarten verteilen.

"Hier schlüpft der Bewerber in die Rolle des Anbieters und hat nur sehr wenig Platz, sich und seine Fähigkeiten darzustellen", erklärt Hesse. Deshalb müsse jedes Wort sitzen. Auch bei der graphischen Umsetzung sollten sich Bewerber helfen lassen.

Positives Beispiel für eine solche Kurzform der Bewerbung sei etwa der Sticker eines Marketingfachmanns mit dem Slogan: "Keiner will eine Zahl sein - auch wenn Zahlen zählen" (siehe Bildergalerie). Diesen Slogan hatte der Bewerber zwischen lauter Zahlenreihen untergebracht.

Oder die Postkarte einer Arzthelferin, geschmückt mit einem Pflaster. Darauf pries sie sich als erste Hilfe für Praxen an. Die Bildsprache stimmt und bleibt jedem Arzt im Gedächtnis. "So etwas bleibt viel eher in Erinnerung als eine langweilige Bewerbungsmappe", sagt Hesse. "Das zeigt, dass sich endlich einmal jemand richtig Mühe gegeben hat."

Allerdings können ausgefallene Bewerbungen auch übers Ziel hinausschießen. Hesse weiß von einem Bewerber, der einen Fön an eine Werbeagentur schickte. "Ich bringe frischen Wind in Ihre Agentur", lautete sein Slogan. Dort packte man den Fön feinsäuberlich wieder ein und sandte ihn zurück: "Heiße Luft können wir selber produzieren."

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