Dresscode im Bewerbungsgespräch:Bloß nicht zu wenig Stoff und zu viel Parfüm

Der erste Eindruck von einem Menschen entsteht innerhalb von drei Sekunden und ist danach nicht so leicht zu revidieren. Daher sollten Bewerber sich gut überlegen, was sie zum Vorstellungsgespräch anziehen. Denn ihre Kleidung verrät manchmal mehr über sie, als ihnen lieb ist.

Tina Nachtmann

Zu aufgebrezelt, zu gemustert, zu dunkel? Wer falsch gekleidet beim Vorstellungsgespräch erscheint, hat von Anfang an schlechte Karten. Denn der erste Eindruck ist hier, wie im übrigen Leben auch, oft ausschlaggebend für das, was danach kommt. "Der erste Eindruck entsteht innerhalb von drei Sekunden und ist nicht so leicht zu revidieren", sagt Karriere-Beraterin Carolin Lüdemann. Auch wenn die meisten Personaler versuchen würden, sich nicht vom ersten Eindruck blenden zu lassen. Daher sollten Bewerber genau überlegen, was sie zum Vorstellungsgespräch anziehen. Welches Outfit für welchen Job und welche Branche angebracht ist, ermittelt man am besten vorher auf der Internetseite des jeweiligen Unternehmens.

"Die Kleidung muss zum Job passen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Bewerber ins Bewusstsein rufen, für welchen Job sie sich beworben haben und was sie später im Berufsalltag tragen werden", erklärt Ines Geiger, die bei der Deutschen Post DHL das Trainee-Programm "GroW" für Hochschulabsolventen betreut. "Für eine Ausbildung zur Fachkraft für Kurier, Express und Paket kann man beispielsweise durchaus in Jeans und Pullover kommen; für eine Bewerbung als GroW-Trainee ist dagegen Business-Kleidung angemessen." Wenn man unsicher ist, sollte man grundsätzlich lieber etwas schickere Kleidung wählen, sagt sie.

Ähnlich sieht das auch Dirk Haushalter, Sprecher für Personalthemen bei Bosch: "Ein Jurist mit Ambitionen auf eine Abteilungsleiterposition wäre im Blaumann nicht korrekt gekleidet. Umgekehrt erwarten wir von Bewerbern auf eine Praktikumsstelle keine Krawatte oder ein Kostüm."

Für den Personaler im Unternehmen ist es wichtig, dass er den Bewerber wiedererkennt. Derjenige, der durch die Tür kommt, sollte im Großen und Ganzen auch dem Menschen auf dem Bewerbungsbild entsprechen, sagt Karriere-Beraterin Lüdemann. "Also besser nicht in der Zwischenzeit die Haarfarbe ändern."

Im Allgemeinen gilt: Je dunkler die Kleidung, desto förmlicher wirkt sie, aber desto mehr Fachkompetenz drückt sie auch aus. Wer jetzt denkt, mit einem schwarzen Anzug auf der sicheren Seite zu sein, irrt aber: "Schwarz geht meistens nicht", sagt Carolin Lüdemann. "Denn das ist eine Cheffarbe. Man sagt, je höher die Position in einem Unternehmen, desto dunkler die Kleidung. Außerdem ist schwarz eine tendenziell distanzierende Farbe." Dunkelblau hingegen eigne sich hervorragend. "Das kennen wir zum Beispiel vom Piloten oder Handwerker, das strahlt Fachkompetenz aus", erklärt die Expertin. Dunkle Farben sollten aber auf jeden Fall immer mit einem hellen Pendant zusammen getragen werden. Auf rote Krawatten sollten Männer grundsätzlich verzichten. "Das wirkt einfach zu dominant."

Auch das Material der Kleidung ist wichtig: Kein Leinen, denn das knittert zu schnell. Seide bei Frauenblusen sei zu elegant. Lüdemann empfiehlt, noch zu Hause mit der Kleidung den Knittertest zu machen: "Den Anzugärmel einfach mal in der Faust zusammenknüllen, und danach sollte er wieder unzerknüllt aussehen." Sonst sieht man schon nach der Anfahrt zum Bewerbungsgespräch völlig ramponiert aus.

Mehr Stoff für mehr Autorität

Bei Frauen-Kleidung gilt: Mehr ist mehr. Denn mehr Stoff am Körper bedeutet mehr Autorität. "Sonst muss sich der Personaler am Ende noch vorwerfen lassen, er hätte sich von anderen Dingen als vom Lebenslauf beeindrucken lassen", sagt Lüdemann. Gerade in Jobs, die häufig mit Männern besetzt werden, oder in Unternehmen, wo viele Männer in Führungspositionen arbeiten, sei ein etwas männlicheres Auftreten hilfreich, wie wissenschaftliche Studien erwiesen hätten. "Eine Frau, die sich eher feminin gibt, also lange offene Haare trägt, einen Rock anhat und lackierte Fingernägel, muss vermutlich eher noch mal ausführlich Rede und Antwort zu ihrer fachlichen Kompetenz stehen als eine, die sich tendenziell maskulin gibt, also etwa einen Hosenanzug trägt", erklärt die Expertin. Denn maskuliner erscheinende Frauen passen laut Lüdemann besser in das gewohnte Raster. "Bei Studien hat sich herausgestellt, dass die dann nicht mehr so auf Herz und Nieren geprüft werden, wie das bei den anderen der Fall ist. Die dürfen dann viel schneller über Erfolge reden und müssen sich nicht erst wie die anderen noch beweisen."

Fällt die Entscheidung für einen Rock, dann müsse er mindestens knielang sein und Bewerberinnen sollten Feinstrümpfe dazu tragen. Außerdem seien komplett geschlossene Schuhe empfehlenswert. Der Ausschnitt sollte eine Hand breit über dem Brustansatz enden, sagt Lüdemann. Und falls Frauen keinen Blazer tragen, sollten sie Oberteile wählen, die die Schultern bedecken und Ärmel haben.

Bei Schmuck und Schminke wiederum ist weniger mehr. Und auch ganz wichtig: "Nicht zu viel Parfüm! Sonst läuft man schnell mit einer Duftwolke durch die Gegend und das kann für die anderen unangenehm sein", warnt Lüdemann.

Grundsätzlich empfiehlt sie: "Nicht mehr als neun Dinge sichtbar tragen und nicht mehr als drei Farben und zwei Muster kombinieren. Denn wer zu dick aufträgt, wirkt leicht überkandidelt. Oder der Personaler denkt sich, wenn jemand sich zu gut kleidet für eine Position: der wird nicht lange bei uns bleiben, denn der hat ganz andere Ziele." Die Erfahrung zeige, dass bei zu viel Drumherum die Persönlichkeit des Bewerbers in den Hintergrund trete, und das ist ungünstig. "Die Kleidung soll die Persönlichkeit unterstreichen und nicht übermalen."

Doch das allerwichtigste ist: Der Bewerber sollte sich in seiner Kleidung wohlfühlen. "Wer sich verkleidet vorkommt, sollte sich in der Tat überlegen, ob der Job der richtige ist oder ob eventuell eine andere Branche oder anderes Unternehmen besser für ihn geeignet sind", sagt Lüdemann.

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