Arbeitsbelastung rund um die Uhr:Krank auf Schicht

Arbeit macht krank - dieser Meinung sind viele Angestellte. Dass vor allem der Dienst abseits der alltäglichen Arbeitszeiten ungesund ist, haben Forscher nun nachgewiesen. Und das gilt nicht nur für die Arbeit am Fließband.

Werner Bartens

Sie haben es nicht leicht, diese von ihrem Smartphone abhängigen Arbeitsnomaden, die rund um die Uhr jede Mail sofort erhaschen müssen. Sie gehören zum Heer der Schichtarbeiter, die eben nicht nur die klassischen Tätigkeiten im Ordnungs-, Gesundheits- und Transportwesen ausüben.

Eine große Studie im British Medical Journal (online) zeigt die Gefahren, denen Menschen ausgesetzt sind, deren Tag-Nacht-Rhythmus permanent durcheinandergebracht wird.

Die Wissenschaftler um Allan Donner von der Western University im kanadischen London hatten Daten von mehr als zwei Millionen Menschen ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass die unregelmäßige Arbeit das Risiko für Herzinfarkt um 23 Prozent erhöhte, die Wahrscheinlichkeit für Schlaganfälle um fünf Prozent. Häufige Nachtschichten ließen das Risiko für Herzkreislauf-Zwischenfälle gar um 41 Prozent ansteigen. "Der Zusammenhang ist deutlich. Politik und Arbeitgeber sollten sich damit auseinandersetzen", fordert Donner.

In Deutschland sind 51 Prozent der Menschen außerhalb der üblichen Arbeitszeiten von neun bis 17 Uhr tätig - dazu zählt auch Arbeit, die bis in die Abendstunden dauert oder am Wochenende stattfindet. Etwa zehn Prozent der Beschäftigten müssen auch Nachtschichten ableisten. In Kanada liegt der Anteil der außerhalb der üblichen Zeit arbeitenden Menschen bei 32,8 Prozent. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind sieben Prozent aller Herzinfarkte auf Schichtarbeit zurückzuführen, haben die Forscher ermittelt.

Auch wenn die Art der aktuellen Analyse keinen kausalen Zusammenhang beweisen kann, sind Ärzte schon länger von den schädlichen Auswirkungen der Schichtarbeit überzeugt. Wer immer wieder seinen Tag-Nacht-Rhythmus stört, erhöht die Neigung zu Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Diabetes. Schlafstörungen treten häufiger auf; zudem gefährden Schichtarbeiter ihre Gesundheit zusätzlich, indem sie häufiger rauchen und sich weniger bewegen. Doch auch wenn sie diese Risikofaktoren in ihrer Auswertung berücksichtigten, fanden die kanadischen Forscher ein erhöhtes Herzkreislauf-Risiko bei Schichtarbeitern.

In einigen Studien wurde sogar ein erhöhtes Krebsrisiko bei Schichtarbeitern beobachtet; so bekamen weibliche Armeeangehörige häufiger Brustkrebs, wenn sie oft zur Nachtschicht eingeteilt waren. Die Gründe für einen möglichen Zusammenhang sind unklar. Bekannt ist allerdings, dass eine gestörte Nachtruhe nicht nur die seelische Erholung einschränkt, sondern auch wichtige körperliche Reparaturvorgänge beeinträchtigt und die Immunabwehr schwächt, sodass der Organismus anfälliger für verschiedene Erkrankungen wird.

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