Vitamin D gegen Erkältung:Vitamin D schützt doch nicht vor Erkältungen

Grippewelle

Vitamin D hilft nicht gegen Schnupfen.

(Foto: dpa)
  • Husten, Schnupfen, Heiserkeit lassen sich mit der täglichen Einnahme von Vitamin D nicht verhindern.
  • Die einzig halbwegs bewiesene Prävention besteht in regelmäßigen Saunagängen mindestens einmal pro Woche.
  • Ausreichend Schlaf, Bewegung und ausgewogene Ernährung gelten ebenfalls als bewährte Methoden, um die Abwehrkräfte in Schwung zu halten.

Von Werner Bartens

Vitamine sind immer gut. Nach diesem Motto handeln viele Ärzte und noch mehr Laien. Einzel- und Multipräparate sollen zur Vorbeugung aller möglichen Beschwerden helfen, gegen Krebs, Infarkt und Infekte aller Art. Stichhaltig bewiesen ist die Heilkraft jedoch nicht. Beispiel Vitamin D: Seit Jahren gilt die Substanz in hoch dosierter Form als probates Mittel zur Stärkung der Abwehrkräfte. Sie stimuliert angeblich das Immunsystem und soll auf diese Weise vor Erkältungen und anderen ansteckenden Krankheiten schützen.

Doch die Hoffnung ist offenbar stärker als die Wirkung. Ärzte um Jonathon Maguire aus Toronto zeigen im aktuellen Fachmagazin Jama, dass sich Husten, Schnupfen, Heiserkeit mit der täglichen Einnahme von Vitamin D nicht verhindern lassen. Kinder, die über mindestens vier Monate 2000 Einheiten täglich einnehmen, leiden in dieser Zeit auch nicht seltener an Erkältungen und anderen banalen Atemwegsinfekten als Kinder, die nur 400 Einheiten täglich bekommen.

In früheren Vergleichen hatte sich schon angedeutet, dass die Vitamingabe keinen zusätzlichen Schutz bietet. "Wahrscheinlich haben wir einen weiteren Vitamin-Mythos zerstört", sagt Maguire. "Mehr ist nicht immer besser. Unsere Daten sprechen nicht für die Routinegabe von Vitamin D, um Atemwegsinfekte bei gesunden Kindern zu verhindern."

Michael Kochen ist von dem Thema leicht genervt. "Es vergeht kein Tag, an dem man nicht etwas über Vitamin D hört oder liest", sagt der langjährige Präsident der Allgemeinmediziner in Deutschland. "Bisher gibt es aber keine seriösen Belege dafür, dass mit der Substanz Erkältungen vorgebeugt wird. Die einzig halbwegs bewiesene Prävention besteht in regelmäßigen Saunagängen mindestens einmal pro Woche." Ausreichend Schlaf, Bewegung und ausgewogene Ernährung gelten ebenfalls als bewährte Methoden, um die Abwehrkräfte in Schwung zu halten und das Risiko für Atemwegsinfekte zu verringern.

Ende dieses Jahres ist mit dem Ergebnis großer Untersuchungen zu rechnen, die den Nutzen von Vitamin D zur Vorbeugung von Tumoren, Herzleiden und anderen Krankheiten gründlich analysieren. Bisher ist die Wirkung ungewiss. "Das heißt aber auch, dass wenig gegen die Einnahme spricht. Wer aus innerer Überzeugung auf Vitamin D schwört, dem rate ich nicht ab. Patienten müssen die Präparate ja selbst bezahlen", so Kochen. "Gegen die Messung des Vitamin-D-Spiegels bin ich hingegen schon, das kostet die Kassen Geld und ist von fragwürdigem Nutzen."

Wie in der Mode scheinen nahezu im jährlichen Wechsel immer wieder neue Kandidaten als Allheilmittel und Immun-Stimulanz ausgerufen zu werden. Vor Jahren waren Vitamin E und Vitamin C besonders populär, seit einiger Zeit werden bisher kaum bekannte exotische Beeren, Samen und Früchte angepriesen, die durch das Etikett "Superfood" auch nicht gesünder werden. Nichts zu tun und anzuerkennen, dass Erkältungen kommen und gehen und außer einer halbwegs gesunden Lebensführung und Händehygiene wenig davor schützen kann, ist offenbar schwer auszuhalten. Mindestens so schwer wie verrotzte Tage mit dickem Hals und schwerem Kopf.

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