Verhütung:Anti-Baby-Spritze für den Mann scheitert

Eigentlich könnten auch Männer mit Hilfe von Hormongaben verhüten. Seit 30 Jahren werden entsprechende Mittel getestet, doch auf den Markt hat es noch keines geschafft. Auch bei einer aktuellen WHO-Studie gab es unangenehme Folgen für die Teilnehmer.

Seit 30 Jahren arbeiten Wissenschaftler daran, die Idee einer Anti-Baby-Spritze für den Mann zu realisieren. Immer wieder wurde verkündet, ein entsprechendes hormonelles Verhütungsmittel würde bald zur Verfügung stehen.

Antibaby-Spritze für den Mann gescheitert

Eine 2009 gestartete WHO-Studie zur Anti-Baby-Spritze ist wegen erheblicher Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen worden. Den weltweit 400 Testpersonen war alle zwei Monate ein Testosteron-Cocktail als Verhütungsmittel gespritzt worden. Etliche Männer litten danach an Depressionen und Gewichtszunahme.

(Foto: dpa)

Doch jedes Mal haben sich die Hoffnungen wieder zerschlagen. Das gilt offenbar auch für ein vielversprechendes Mittel, das im Rahmen einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit Ende 2009 an 400 Testpersonen in acht Ländern untersucht wurde.

"Bei 90 Prozent der Männer hat es funktioniert", erklärte der Leiter der Studie Michael Zitzmann vom Institut für Reproduktionsmedizin der Universität Münster. "Aber zehn Prozent, das ist einfach zu viel", stellte er mit Blick auf die Nebenwirkungen fest. "Die Studie ist bereits im März gestoppt worden, weil die Spritze in der jetzigen Zusammensetzung nicht funktioniert."

Den Versuchspersonen war eine Mischung gespritzt worden, die vor allem aus dem Sexualhormon Testosteron, bestand. Die Zufuhr führt dazu, dass der Körper die eigene Herstellung des Hormons einstellt. Innerhalb einiger Monate kommt es dann auch zu einem Ende der Spermienproduktion. Wird das Hormon abgesetzt, beginnen die Hoden wieder damit, Spermien herzustellen. Den Männern war die Anti-Baby-Spritze alle acht Wochen gegeben worden.

Insbesondere bei älteren Familienvätern traten jedoch unangenehme Folgen auf, darunter Depressionen, Gewichtszunahme oder Akne. Vor dem Start der WHO-Studie war die Verhütungsspritze bereits in mehreren kleineren nationalen Studien getestet worden, ohne dass dabei massive Nebenwirkungen aufgetreten waren.

"Es funktioniert nicht in dieser Form"

Die komplette Auswertung der Studie werde im Oktober vorliegen. "Aber wir können schon jetzt davon ausgehen, dass es in dieser Form nicht funktioniert", stellte Hermann Behre vom Universitätsklinikum Halle fest: "Die Erwartungen sind nicht erfüllt worden." Behre, der wie Zitzmann mehrere Dutzend Versuchsteilnehmer betreute, erklärte, dass in Halle zwar neun von zehn Männern die Spritze vertragen hätten. "Aber insgesamt ist der Anteil der Unverträglichkeit zu hoch."

"Wir müssen jetzt ganz neu anfangen, das Ergebnis ist offen", sagte Zitzmann. Allerdings rechnet er nicht mehr damit, dass eine Verhütungsspritze für den Mann innerhalb der nächsten fünf Jahre zur Marktreife gebracht werden kann.

Auch die Pharmaindustrie ist skeptisch. Ein Forschungsprojekt auf Basis einer Hormonspritze und eines Implantates wurde nach der Übernahme der Schering AG durch die Bayer AG im Jahr 2007 eingestellt. "In den nächsten zehn bis 15 Jahren gibt es dafür keine Marktchancen", sagt Friederike Lorenzen von der heutigen Bayer HealthCare Pharmaceuticals der Bayer Pharma AG (Berlin).

Auch die im Verband Forschender Arzneimittelhersteller (Berlin) organisierten 43 Pharmafirmen forschen den Angaben zufolge nicht an einem Verhütungsmittel für den Mann.

Dennoch sieht Behre weiterhin große Chancen für eine Anti-Baby-Spritze für den Mann. "Wir sind an einem Erfolg näher dran, als manche glauben." Der Mediziner favorisiert die reine Testosteron-Spritze. "In China wurde eine derartige Testosteronspritze an über 1000 Männern mit Erfolg getestet. Die Ergebnisse liegen seit 2009 vor", sagt der Wissenschaftler. "Die Anti-Baby-Spritze für den Mann soll die Pille für die Frau nicht verdrängen oder ablösen", betont Behre. Die Spritze biete aber Paaren die Möglichkeit, sich die Verantwortung bei der Verhütung zu teilen. Außerdem wäre sie eine gute Alternative, wenn die Frau die Pille aus gesundheitlichen Gründen nicht verträgt.

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