Tipps für den Einkauf von Bratwurst:Was im Darm steckt

Thüringen startet in die Grillsaison

Sie mögen lecker aussehen, aber dunkel gegrillte Würste sind nicht gesund.

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutschlandweit wird alle Jahre wieder über die Technik des Grills und Grillens debattiert. Nicht minder spannend ist die Frage, was da genau auf dem Rost liegt. Welche Wurst taugt etwas?

Von Berit Uhlmann

Mehr als 40.000 Artikel liegen in einem durchschnittlichen deutschen Supermarkt aus. Welche davon sind zu empfehlen? Was nützt, was schadet der Gesundheit? Wie sinnvoll sind Bio-Nahrungsmittel und welche Werbefallen stellt die Lebensmittelindustrie dem Konsumenten? In regelmäßiger Folge bewerten wir hier weit verbreitete Lebensmittel für Sie. Teil 16: Bratwurst.

Was steckt drin, in der Wurst, die so wunderbar auf dem Rost duftet? Während Metzger Muskelfleisch vom Schwein oder Rind, Speck, Salz und Gewürze aufzählen, sehen Ernährungswissenschaftler vor allem Bedenkliches: Fett, Salz und womöglich auch krebserregende Stoffe.

Gesundheitselexiere sind Würste gewiss nicht. Sie können sich noch so schlank und zart auf dem Grill räkeln, sie bleiben kleine Fettbomben. Zwischen 25 und 30 Gramm Fett stecken in 100 Gramm Bratwurst. Das heißt: "Wurst hat einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen", sagt Jakob Linseisen, Ernährungswissenschaftler am Helmholtz-Zentrum München.

Hinzu kommt Salz, das Metzger auch deshalb so großzügig in ihre Ware streuen, weil es dazu beiträgt, dass die Fleischmasse am Ende eine schnittfeste Wurst ergibt. "Doch Salz erhöht bei vielen Menschen den Blutdruck und damit auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen", fügt Linseisen hinzu. Roten Würsten wird zudem oft Nitritpökelsalz zugesetzt. Es könne im Körper in Nitrosamine umgewandelt werden und die Entstehung von Krebs begünstigen, so der Ernährungswissenschaftler.

Die Menge macht's

Dennoch muss niemand gleich Pfanne und Grill verschrotten. Denn die gesundheitlichen Gefahren von Fleisch sind offenbar von der Menge abhängig. In einer Studie mit insgesamt 450.000 Teilnehmern haben Linseisen und Kollegen festgestellt: Nur wer mehr als 40 Gramm verarbeitetes Fleisch täglich isst, erhöht die Wahrscheinlichkeit deutlich, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs zu sterben.

Gegen die gelegentliche Wurst ist damit wenig einzuwenden. Fleisch trägt schließlich auch zur Versorgung mit wichtigen Vitaminen bei, enthält zum Beispiel besonders viel B-Vitamine und Eisen.

Zurückhaltung ist allerdings nicht nur bei der Menge, sondern auch bei der Zubereitung der Bratwürste zu empfehlen. Beim starken Anbraten können so genannte heterozyklische Amine, beim Grillen polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen. Beide stehen ebenfalls im Verdacht, Krebs zu erregen. "Man mindert das Risiko, wenn man die Wurst nicht dunkel brät und beim Grillen darauf achtet, dass kein Fett in die Glut tropft", sagt Linseisen. (Mehr zum gesunden Grillen lesen Sie hier).

Die Tricks der Branche

Tricksereien bei der Wurst gibt es seit Jahrhunderten. Der Klassiker ist, das Fleisch anteilig durch Wasser zu ersetzen. Heute muss der Wasseranteil auf der Zutatenliste stehen - ein Blick darauf kann sich lohnen. Bis zu 15 Prozent Wasser in der Wurst ist normal. Doch allgemein gilt: "Ein möglichst geringer Wasser- und ein möglichst hoher Fleischanteil sind Zeichen für Qualität", sagt Volker Charné, der in der Lebensmittelchemischen Gesellschaft der Arbeitsgruppe Fleischwaren vorsteht.

Theoretisch ist es mittlerweile möglich, noch viel mehr Wasser hinzuzufügen und die Wurstmasse durch Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel dennoch fest zu formen. "In der Praxis kommt dies jedoch eher selten vor, wir finden überhöhte Wasseranteile immer nur in einzelnen Proben", sagt Charné. Denn diese Art der Wertminderung ist für Lebensmittelkontrolleure leicht nachzuweisen.

Wollen Betriebe Fleisch loswerden, das seine besten Tage schon hinter sich hat, können sie es theoretisch in die Wurst stecken. Bratwurst wird in der Regel erhitzt, bevor sie in den Handel kommt, so dass Verderbskeime abgetötet werden - allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Die Folge: Die Haltbarkeit der Würste leidet. In einer mikrobiologischen Untersuchung von Stiftung Warentest fielen vier von 19 Bratwürsten unangenehm auf, weil sie hygienisch nicht mehr einwandfrei waren.

Auch Lebensmittelkontrolleure finden immer mal wieder Würste, die schon vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums leicht verdorben sind, sagt Charné: "Man erkennt dies häufig an einem Schmierfilm auf der Oberfläche, sowie einen säuerlichen Geruch und Geschmack". Solche Wurst sollte nicht mehr verzehrt werden. Krankmachende Keime wie Salmonellen oder Listerien, die Verbracher anders als die Verderbskeime nicht erkennen, sind in Bratwürsten dagegen nur sehr selten, sagt Charné.

Resteverwertung in der Wurst

Was die Lebensmittelchemiker derzeit eher umtreibt, ist die Verarbeitung von Resten, die vor allem bei der Herstellung von Schnittwurst anfallen. Große Betriebe stehen am Ende ihrer Arbeitstage vor großen Mengen Wurstenden - und arbeiten sie mitunter wieder in Würste hinein. "Dieses so genannte Rework muss nichts Schlechtes sein", sagt Charné. Es kann sich hierbei um einwandfreies Material handeln.

Dennoch fehlen für diesen Bereich bislang eindeutige Regelungen: "Wir müssen verhindern, dass die Kappen tagelang herumliegen, ehe sie wieder verarbeitet werden", sagt Charné und: "Wir müssen uns Gedanken machen, wie sortenrein eine Wurst noch ist, wenn diverse Enden hinuntergemischt werden". Verbraucher haben bislang kaum Möglichkeiten festzustellen, ob ihre Wurst ein Patchwork aus verschiedenen, fortwährend recycelten Teilen ist.

Doch alles in allem, so der Lebensmittelchemiker, ist die Qualität der Wurst in Deutschland weit besser, als Lebensmittelskandale und Misstrauen vieler Käufer erwarten lassen.

Wo finde ich gute Qualität?

Die Tester von Stiftung Warentest stellten vor allem Nürnberger und Thüringer Würsten ein gutes Zeichen aus. Als Ursache für die hohe Qualität vermuten sie die festen Vorgaben für Waren mit geschützten Bezeichnungen. Charné hält auch für denkbar, dass die Hersteller dieser bekannteren Produkte einen geringeren Preisdruck spüren und damit hochwertigeres Fleisch verarbeiten können. Denn letztlich sollte sich jeder bewusst machen, dass in der Branche ein harter Preiskampf tobt. Wer die billigste Wurst kauft, kann nicht erwarten, dass das allerbeste Ausgangsmaterial darin steckt. So fanden sich in einigen Discounter-Würsten Knorpelteile oder ein unangenehm zäher Darm.

Was vielen Verbrauchern ebenfalls den Appetit verdirbt, sind Zusatzstoffe in den Würsten. Farbstoffe, Geschmacksverstärker, Verdickungsmittel: Die Liste ist lang. Bio-Metzger verwenden prinzipiell weniger Zusatzstoffe, ganz ohne kommen aber auch sie kaum aus.

Bedenklich ist vor allem das in roter Wurst enthaltene und in höheren Dosen möglicherweise krebserregende Nitritpökelsalz. Es verbessert die Haltbarkeit, sorgt für die rote Farbe und verleiht der Wurst einen charakteristischen Geschmack. Bio-Fleischereien reduzieren den Anteil; die Verbände Demeter und Bioland verzichten nach eigenen Angaben ganz auf den umstrittenen Zusatzstoff.

Auch Phosphat hat nicht den besten Ruf. Wenngleich das nicht ganz geklärt ist, könnte es zu Gefäßerkrankungen führen. Phosphate werden bei der Herstellung von feiner Bratwurst eingesetzt. Sie sorgen dafür, dass das Brät beim Erhitzen eine schnittfeste Masse ergibt. Bio-Metzger verwenden statt des Phosphats nur Zitronensäure.

Wer eine feine Bratwurst komplett ohne Zusatzstoffe haben will, muss einen der wenigen Metzger suchen, die noch nach ganz alter Tradition arbeiten. Sie verarbeiten das Fleisch wenige Stunden nach der Schlachtung noch warm zu Wurst und kommen damit ganz ohne Bindemittel aus. Da aber die meisten Fleischer heute nicht mehr selbst schlachten, ist die Warmfleischverarbeitung rar.

Dennoch gibt es eine einfache und preiswerte Alternative für alle, die ihre Wurst möglichst pur haben wollen: Kaufen Sie grobe Bratwurst. "Das ist die ehrlichste Wurst, die es gibt", sagt Claus Böbel, Metzgermeister aus dem fränkischen Rittersbach. "Sie ist nichts anderes als ein Fleischpflanzerl im Darm".

Wer die komplette Kontrolle über seine Wurst will, hat schließlich eine Möglichkeit, die gar nicht so weit hergeholt ist, wie sie auf den ersten Blick scheint: selber wursten.

Die totale Kontrolle: Selber wursten

Es gibt Wurstseminare, bei denen die Teilnehmer zur Begrüßung eine Knochensäge ausgehändigt bekommen, mit der sie jetzt bitteschön ihre Schweinehälfte zerlegen sollen. Ganz so dramatisch muss das Wursten nicht aussehen, so wie es auch nicht zwangsläufig komplizierte Techniken verlangt. Metzgermeister Böbel, der ebenfalls Wurstseminare für Laien anbietet, sagt: "Wursten ist wie backen. Ich muss kein Bäcker sein, um eine ordentlichen Kuchen auf den Tisch zu bringen".

Auch die Ausstattung ist überschaubar. Für Laien genügt ein Fleischwolf, wie er in viele Küchenmaschinen integriert ist, und eine Wurstfüllmaschine. Einfache Ausführungen gibt es ab etwa 200 Euro zu kaufen. Alternativ gibt es Fleischwölfe, die mit Füllvorrichtungen nachgerüstet werden können und so die Wurstfüllmaschine überflüssig machen. Wichtig ist, frisches und gut durchwachsenes Fleisch zu verwenden, sagt Böbel. Die Gewürze kann jeder nach seinem Gusto hinzufügen. Ein Beispielrezept finden Sie hier:

Thüringer Rostbratwurst

Zutaten für 30 Würstchen:

  • 2 kg frischer Schweinebauch
  • 1 kg Kalbsnacken
  • 55 g Kochsalz
  • 6 g Weißer Pfeffer
  • 3 g Muskatblüte
  • 3 g Gemahlener Kümmel
  • 3 g Majoran
  • 1 gr. Kardamom
  • Ca. 15 Meter Schweinedärme von Kaliber 26/28 (erhältlich bei Spezialhändlern, im Internet oder beim Metzger. Die Därme müssen vor der Verarbeitung nach Anweisung des Herstellers gewässert werden)

Den Schweinebauch und den Kalbsnacken von Schwarten und Sehnen befreien und in Stücke schneiden. Mit den Gewürzen und dem Kochsalz vermengen und durch die Sechs-Millimeter-Scheibe des Fleischwolfs drehen. Die Wurstmasse mit den Händen verkneten, bis sie gut zusammenhält. Mit der Wurstfüllmaschine in die Därme einfüllen und zu 100 Gramm schweren Würstchen abdrehen, das heißt, zwei bis dreimal um die eigenen Achse drehen. Im Wasserbad bei 65 Grad zwanzig Minuten brühen. In handwarmem Wasser abkühlen lassen und bis zum Grillen im Kühlschrank aufbewahren.

(aus: Wilhelm Blatzheim: "100 Prozent Wurst. Die leckersten Rezepte zum Selbermachen und Genießen", Draksal Fachverlag)

Weitere Informationen:

Alle Teile dieser Lebensmittelserie finden Sie hier.

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