Schwangerschaft:"Baby-Fernsehen" beim Frauenarzt

Ultraschallbild: Bluttest auf Down-Syndrom soll in Kürze auf den Markt kommen

Der Anblick des Babys ist für viele Eltern beglückend. Doch sollte man sich dieses Glück permanent erkaufen?

(Foto: iStockphoto)

Werdende Eltern verlangen zunehmend Ultraschall-Aufnahmen vom Ungeborenen - zu ihrem puren Vergnügen. Riskant oder empfehlenswert?

Von Berit Uhlmann

Der heißeste Elterntrend ist - wenn man verschiedenen Websites glauben will - der Fötus aus dem 3-D-Drucker: Eine Kunststoff-Nachbildung des Ungeborenen, basierend auf Ultraschall-Aufnahmen. Es ist nicht das einzige Schwangerschafts-Souvenir, das seinen Ursprung in den Untersuchungsgeräten hat. In den USA werden Bewegtbilder vom Ungeborenen gerne auf Erinnerungsvideos verewigt. Beliebt sind dort auch die "Ultraschall-Partys", bei denen werdende Mütter ihre Verwandten und Freunde mit zur Untersuchung bringen, um den Anblick des Fötus mit großem Hallo und Prost zu feiern. Auch in Deutschland verlangen Paare Ultraschall-Tests allein aus Interesse und Vorfreude. "Baby-Fernsehen" wird der Blick in den Mutterleib genannt, für den die Eltern selbst zahlen müssen. Ist das gefährlicher Unfug?

Der IGeL-Monitor, eine Plattform zur Bewertung von Selbstzahler-Leistungen in der Medizin, hat die Studien zum Schwangerschafts-Ultraschall gesichtet. Das Fazit: "Eltern können ihrer Neugier nachgeben, ohne Schäden befürchten zu müssen." Ultraschall in der üblichen Schallstärke gelte generell als ungefährlich, heißt es in der Bewertung: "Indirekte Schäden, etwa durch unnötige Behandlungen der Mutter und des Fötus im Mutterleib bis hin zu gewollten oder ungewollten Abtreibungen aufgrund falscher Diagnosen, sind denkbar, wurden aber nicht untersucht." Allerdings seien die bis zu 200 Euro teuren Untersuchungen keineswegs "medizinisch sinnvoll, geschweige denn notwendig".

Wie verbreitet sie dennoch sind, lässt sich aus dem fast schon tröstendem Rat des Medizinportals schließen: Wer den zusätzlichen Ultraschall "nicht in Anspruch nehmen möchte oder kann, der braucht kein schlechtes Gewissen haben", erklärt Michaela Eikermann vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDS), das den IGeL-Monitor trägt.

Die US-Gesundheitsbehörde FDA sah sich bereits veranlasst, vor dem exzessiven Einsatz der Geräte zu warnen, zumal sie mitunter auch von Dienstleistern angeboten werden, die keine medizinischen Kenntnisse haben. Ultraschall erwärmt das Gewebe. Es gebe zwar keine Hinweise, dass dies dem Baby akut schade, doch letztlich weiß man nicht sicher, welche langfristigen Folgen häufige oder sehr ausgedehnte Anwendung haben können. Für manche Erinnerungsvideos liegen die Babys eine Stunde lang unter dem Schallkopf, warnte die US-Behörde.

Sie räumte zugleich ein, dass der Anblick des Babys die Bindung stärken könne. Für viele Schwangere und ihre Partner wird das Baby erst richtig real, wenn sie das winzige Herz schlagen sehen. Für diese Vorbereitung auf das Elternsein seien allerdings die Routine-Untersuchungen in der Frauenarztpraxis ausreichend. In Deutschland bekommt jede Schwangere drei Ultraschall-Untersuchungen als Kassenleistung, bei Komplikationen auch mehr. Kaum ein anderes Land ist so großzügig, schreiben die Autoren des IGeL-Monitors.

Die Einschätzung des Schwangerschafts-Ultraschalls ist die neueste von etwa 40 Bewertung des Portals. Mit der neutralen Bewertung fällt die Bilanz des "Baby-Fernsehens" noch vergleichsweise gut aus. "Unsere Bewertungen zeigen, dass vieles, was in den Praxen angeboten wird, der wissenschaftlichen Bewertung nicht standhält. Beim überwiegenden Teil können wir nicht von Hinweisen für einen Nutzen, sondern eher von Hinweisen für einen Schaden für den Patienten sprechen", sagt Michaela Eikermann. Dabei fühlen sich einer Umfrage des MDS zufolge drei Viertel nicht ausreichend über Schäden informiert. Jeder Zweite, der eine Leistung angeboten bekommt, nimmt sie auch an.

Es gibt vermutlich Hunderte Individuelle Gesundheitsleistungen. Sie reichen von sinnvollen Reiseimpfungen zu bedenklichen Anwendungen wie der Eigenbluttherapie. Etwa 1,3 Milliarden Euro setzen die Ärzte nach Schätzungen der Krankenkassen damit im Jahr um.

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