Pharmazie:Wie sich der Name eines Medikaments auf die Patienten auswirkt

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Es gibt Unmengen von Tabletten - und Namen. (Foto: dpa)

Macht es einen Unterschied, ob ein Arzneimittel einen unaussprechlichen oder einen leicht gängigen Namen trägt? Kölner Psychologen sagen: durchaus.

Von Sebastian Herrmann

Oft reicht ja bereits der Name eines Medikaments, um Patienten Angst einzujagen. Was zum Beispiel ist von einem Präparat zu erwarten, das unter der Bezeichnung Ribozoxtlitp vermarktet wird? Allein dieses Wortmonster lässt vermuten, dass der Beipackzettel sehr lang ist und irre viele Nebenwirkungen auflistet, was schließlich auch die Frage aufwirft: Was ist schlimmer - die Krankheit oder die Arznei, die dagegen helfen soll? Psychologen um Simone Dohle von der Universität Köln zeigen nun, wie stark der Name eines Medikaments auf Patienten wirkt.

Unaussprechliche Präparate gelten automatisch als gefährlich und riskant; geht der Name einer Arznei hingegen halbwegs flüssig über die Lippen, trifft das Gegenteil zu. Dann wird das Präparat als sanft bewertet - und das verführt dazu, eine höhere Dosis einzunehmen.

Ribozoxtlitp heilt weder Leiden, noch löst es Nebenwirkungen aus. Es handelt sich um eine der fiktiven Bezeichnungen für Mittel, die Dohle Probanden zur Beurteilung vorlegte. Zungenbrecher verleiteten dazu, den Medikamenten generell zu misstrauen. Präparate mit Namen wie Calotropisin oder Fastinorbin - auch keine wirklich schmissigen Begriffe - weckten weniger Argwohn. Tatsächlich dosierten die Probanden dieser Mittel dann auch höher, wie die Psychologen im Journal of Experimental Psychology: Applied berichten. "Medikamente mit starken Nebenwirkungen sollten also durchaus komplizierte Namen haben", sagt Dohle, "das könnte das Risiko verringern, dass Patienten zu viel davon einnehmen."

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Die Beobachtung ist ein weiterer Beleg für die Auswirkungen der sogenannten Verarbeitungsflüssigkeit: Wie leicht oder schwer es fällt, eine Information zu berücksichtigen, wirkt sich bereits auf deren Bewertung aus. Wird etwa eine Aussage in einem klaren, gut leserlichen Schriftbild präsentiert, dann akzeptieren Leser diese eher als richtig. Die verwendete Sprache wirkt ebenfalls. So hat Daniel Oppenheimer von der University of California in Los Angeles demonstriert, dass der komplizierte Jargon etwa der Geisteswissenschaften kontraproduktiv ist. Legte der Psychologe Lesern die gleichen Aussagen in sperrigen und einfachen Formulierungen vor, hielten diese die Autoren der schwer verständlichen Texte für weniger intelligent. Auch an der Börse wirkt sich die Leichtigkeit aus, mit der Handelskürzel von Aktien gelesen werden können: Die Kursentwicklung profitiert von flüssig aussprechbaren Namen.

"Unsere Affekte steuern, wie wir Informationen bewerten", sagt Dohle. Den komplizierten Namen eines Medikaments auszusprechen oder einen sperrigen Text zu lesen, kostet Mühe. Das löst miese Gefühle aus, die das Urteil beeinflussen: Aufwand provoziert Ablehnung. Lässt sich etwas mühelos verstehen, hebt das hingegen die Stimmung. Gut gelaunt stimmt man Aussagen eher zu; man findet Dinge grundsätzlich gut, ohne dies begründen zu können, oder genehmigt sich eine großzügige Dosis, nur weil das Medikament einen klaren Namen trägt. Das sollten Eltern im Hinterkopf behalten, wenn sie Kindern Arzneien geben: Deren Hersteller haben längst erkannt, dass sich solche Mittel unter putzigen, einprägsamen Bezeichnungen besonders gut verkaufen lassen.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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