Pflege:80 000 Pflegebedürftige mehr

Die Pflegereform führt zu einem Anstieg bei Personen, die Leistungen beziehen. In den kommenden Jahren könnten Tausende Fachkräfte fehlen.

Von Kim Björn Becker und Kristiana Ludwig

Die zum Jahresbeginn in Kraft getretene Pflegereform hat dazu geführt, dass in den ersten drei Monaten des Jahres etwa 80 000 Menschen mehr als sonst erstmals Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung bekommen haben. Das hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) am Freitag in Berlin bei seiner 100-Tage-Bilanz mitgeteilt.

Im Zuge der Reform wurden die bisherigen drei Pflegestufen abgeschafft und durch fünf Pflegegrade ersetzt. Zudem prüfen die MDK-Gutachter seitdem nach einem anderen System, ob ein Antragsteller pflegebedürftig ist oder nicht. Eine der größten Neuerungen ist, dass nun nicht mehr der Zeitaufwand für die Pflege gemessen wird. Erfasst wird stattdessen, wie selbständig jemand noch ist. Zudem erhalten Demenzkranke erstmals gleichberechtigten Zugang zur Pflegeversicherung. Bislang wurden sie gegenüber Menschen mit körperlichen Einschränkungen benachteiligt.

200 000 Menschen dürften im Gesamtjahr profitieren

Im ersten Quartal haben die MDK-Prüfer mehr als 220 000 Menschen begutachtet, in mehr als 80 Prozent aller Fälle stellten sie eine Pflegebedürftigkeit fest. Knapp 130 000 Personen wurde in diesem Zeitraum erstmals ein Anspruch auf Pflege-Leistungen zuerkannt. Davon entfallen 43 000 auf den neu geschaffenen Pflegegrad 1.

Der Anstieg von geschätzt 80 000 Menschen, die aufgrund der Reform erstmals Leistungen bekommen, entspreche "dem, was wir erwartet haben", sagte Peter Pick, der Chef der MDK-Dachorganisation. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr, dürften etwa 200 000 Menschen von der Reform profitieren, da sie bislang außen vor geblieben wären.

Die Anerkennungsquote sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich gestiegen, von 75 auf 83 Prozent. Das zeigte, dass das neue Begutachtungssystem genauer sei als das alte, sagte Pick. Allerdings warte er davor, zu viele Hoffnungen in die von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe angestoßene Reform zu setzen. Denn dadurch werde "der Pflegenotstand nicht verbessert", sagte Pick. Dies könne nur geschehen, "wenn die Bezahlungssituation verbessert wird". Altenpfleger verdienen zumeist deutlich weniger als Krankenpfleger, in den kommenden Jahren fehlen Tausende Fachkräfte.

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