Organtransplantationen:Weniger Zentren, weniger Affären?

Manipulation bei Transplantationen in Leipzig

Schauplatz des jüngsten Organspende-Skandals: Das Universitätsklinikum im sächsischen Leipzig.

(Foto: dpa)

In Deutschland gibt es 140 Transplantationsprogramme. Einigen Experten sind das zu viele. Nach den Spenderleber-Skandalen fordern sie, Organverpflanzungen zur besseren Kontrolle auf wenige Großkliniken zu beschränken. Doch für Patienten, die oft monatelang auf Behandlung angewiesenen sind, könnte das beschwerlich werden.

Von Nina von Hardenberg

Die neuen Fälle von Datenmanipulation bei Transplantationspatienten im Uniklinikum Leipzig haben eine Diskussionen über Schließung von Transplantationszentren angestoßen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sprach sich am Donnerstag in der Bild-Zeitung für wenige große Zentren aus. Dies mache eine ständige Überprüfung einfacher und sorge dafür, dass "falsche ökonomische Anreize" keine Rolle spielten. Zustimmung zu solchen Ideen kam auch von Bundestagsabgeordneten sowie von einzelnen Kliniken selbst. So sprach sich etwa der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn für strengere Qualitätskriterien für Transplantationszentren aus.

Derzeit bieten in Deutschland 47 Kliniken Organtransplantationen an. Dabei haben sich einige Kliniken auf einzelne Organe spezialisiert, andere bieten das ganze Spektrum an, so dass es an den 47 Standorten insgesamt 140 organspezifische Transplantationsprogramme gibt. Unter Experten gilt diese Zahl als zu hoch. Das Bemühen jeder Klinik ein großes und damit angesehenes Transplantationsprogramm zu haben, könnte falsche Anreize setzen und damit letztlich auch zu Datenmanipulationen geführt haben, wie sie jetzt in Leipzig bekannt wurden, so die Befürchtung.

Am Uniklinikum Leipzig hatten Ärzte in den Jahren 2010 bis 2012 offenbar bei 38 leberkranken Patienten fälschlicher Weise angegeben, dass diese zusätzlich auch eine Blutwäsche benötigten, weil die Niere nicht richtig funktioniere. Die Patienten wirkten dadurch kränker, als sie waren, und rutschten auf der Warteliste nach oben. Die wahre Motivation der Verantwortlichen in Leipzig ist bislang unklar. Die beschuldigten Ärzte bestreiten die Tat.

"Flächendeckende Versorgung ist ein Glücksfall"

Die Diskussion über die richtige Zahl der Zentren wird dennoch geführt. "Schon aus Gründen der Qualität und der Kosten für spezialisiertes Personal, das rund um die Uhr zur Verfügung steht, ist es sinnvoll die Zahl der Zentren zu reduzieren", sagt etwa Irmtraut Gürkan, kaufmännische Direktorin des Universitätsklinikums Heidelberg, die eine solche Empfehlung allerdings leicht aussprechen kann, da das Uniklinikum Heidelberg mit knapp 100 Lebertransplantationen im Jahr ohnehin eins der größten Leber-Programme in Deutschland hat.

Ob eine Klinik Organe transplantieren darf, entscheiden die Bundesländer in ihrem Krankenhausplan. Während die Politik in Baden-Württemberg die Lebertransplantationen in Tübingen und Heidelberg konzentrierte, bieten etwa in Bayern nach wie vor alle Transplantationszentren auch Leberprogramme an. Der Gemeinsame Bundesausschuss, das wichtigste Kontrollgremium im Gesundheitswesen, soll nun zusätzliche Kriterien entwickeln, mit denen die Qualität der Behandlung sichergestellt werden kann. Bislang müssen die Kliniken lediglich bei Lebern eine Mindestmenge von fünf Verpflanzungen vorweisen. Die Zahl ist aber so niedrig, dass sie kaum relevant ist. Für andere Organe gibt es bislang keine Vorgaben zu Mindesteingriffszahlen.

Befürworter einer engmaschigen Versorgung argumentieren mit dem Wohl der schwerkranken Patienten. "Eine flächendeckende Versorgung ist ein Glücksfall für ein Land", sagt der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft, Georg Baum. Die Patienten müssten in der Regel monatelang vor und auch nach der Operation von den Kliniken betreut werden. Er teile nicht die Einschätzung des Ärztekammerpräsidenten, dass es eine deutliche Überkapazität gebe. "Es kann ja nicht wahr sein, dass nur zwecks der besseren Kontrolle, die Wege für die Patienten länger gemacht werden sollen", sagte Baum.

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