Opioide:Europas Medikamentenmissbrauch

Keine US-Verhältnisse, aber besorgniserregend: 13 Prozent der Europäer haben sich schon einmal auf nicht legalem Weg Opioide besorgt. Die wenigsten von ihnen sind klassische Drogenkonsumenten.

Von Berit Uhlmann

In den USA ist bereits von Opioid-Krise die Rede. Es ist die drastische Ausprägung einer Entwicklung, die mittlerweile auch die Regierung beschäftigt. Die Amerikaner bekommen opiumähnliche Schmerzmittel und Beruhigungstabletten nicht nur in großem Stil verschrieben, sie besorgen sie sich auch zunehmend selbst: aus dem Arzneischrank der Oma, über Dealer oder indem sie Ärzte belügen. Jeder fünfte Amerikaner ist auf diese Weise schon einmal an ein verschreibungspflichtiges Medikament gelangt. Ist das nur in Amerika so?

Ein internationales Forscherteam hat nun die Situation in Deutschland, Spanien, Schweden, Dänemark und Großbritannien untersucht (BMC Psychiatry). Ohne das nötige Rezept haben 13,5 Prozent der befragten Europäer schon einmal in ihrem Leben ein Opioid eingenommen, elf Prozent ein Beruhigungs- und sieben Prozent ein Aufputschmittel.

Die Daten legten noch keine amerikanischen Ausmaße nahe, schreiben die Forscher. Studienautor Scott Novak fügt allerdings hinzu: Wurden die Studienteilnehmer danach gefragt, ob sie allein im zurückliegenden Jahr ein Medikament missbräuchlich eingenommen hätten, antworteten bis zu sechs Prozent mit Ja. Diese Zahl liege nur wenig niedriger als in den USA. "Das lässt vermuten, dass die EU bei Substanzen wie den Opioiden aufholen könnte", sagt Novak.

Bei den Betroffenen handelt es sich dabei oft gar nicht um klassische Drogenkonsumenten. Zwei Drittel der Europäer, die Opioide missbrauchen, nehmen keine illegalen Drogen. Sie beziehen die Medikamente vor allem von Angehörigen, die sie auf Rezept erhalten haben. Die von einem Medikamentenhersteller finanzierte Studie ist nach Angaben der Autoren die erste Bestandsaufnahme innerhalb der EU. Sie liefert allerdings nur Anhaltspunkte, da sie ausschließlich auf Auskünften der Teilnehmer beruht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: