Neues Coronavirus:Furcht vor einer Sars-ähnlichen Epidemie

Die WHO spricht von "globaler Sorge", das neue Coronavirus soll sich von Mensch zu Mensch verbreiten. Kann man sich schon in der U-Bahn anstecken?

Von Katrin Blawat

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Das neue Virus unter dem Elektronenmiskroskop. Noch ist wenig über den Erreger bekannt.

(Foto: AFP)

Neue Fälle in Saudi-Arabien und Frankreich bestätigen die Vermutung, dass sich das neuartige Coronavirus von Mensch zu Mensch verbreiten kann. Nötig ist dafür offenbar ein längerer, enger Kontakt zwischen den Betroffenen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach am Montag von einer "globalen Sorge" und betonte, das Wissen über das neue Virus sei noch sehr lückenhaft.

Der WHO zufolge haben sich bislang mindestens 34 Menschen mit dem Virus angesteckt, mindestens 18 von ihnen sind gestorben. Die meisten Infektionen traten auf der Arabischen Halbinsel auf, vor allem in Saudi-Arabien. Dort verbreitete sich das Virus auch in einem Krankenhaus.

Der Erreger kann zu einer schweren Lungenentzündung und Nierenversagen führen. Die ersten Krankheitsfälle wurden im Sommer vergangenen Jahres bekannt. Das Coronavirus ist mit harmlosen Schnupfenviren ebenso verwandt wie mit dem Sars-Erreger, an dem vor zehn Jahren knapp 800 Menschen starben. Daher weckte das neue Virus die Angst vor einer weiteren, Sars-ähnlichen Epidemie.

Eine solche kann vor allem dann ausbrechen, wenn der Erreger leicht von Mensch zu Mensch springt. Wie und wo sich die meisten der Infizierten mit dem neuen Coronavirus angesteckt haben, ist nach wie vor offen. Vermutlich ist der Erreger irgendwann von einem Tier auf einen Menschen übergesprungen. Belege für eine Übertragung von Mensch zu Mensch gab es zunächst nicht. Anfang des Jahres erkrankte in England jedoch ein Mann, der sich höchst wahrscheinlich während einer gemeinsamen Autofahrt mit einem Infizierten angesteckt hatte. Seitdem nehmen Experten an, dass sich das Virus auch unter Menschen ausbreiten kann. Der aktuelle Fall in Frankreich bestätigt dies: Der Erkrankte hat in einer Klinik ein Zimmer mit einem Coronavirus-Patienten geteilt.

Wie viele unbemerkte Infektionen gibt es?

Damit gilt es als sehr wahrscheinlich, dass sich das Virus zwischen Menschen ausbreiten kann, wenn diese längere Zeit engen Kontakt haben. "Eine Fahrt in der U-Bahn neben einem Infizierten reicht für eine Ansteckung wohl nicht aus, vermute ich", sagt Christian Drosten von der Universität Bonn. Sein Labor ist auf die Identifizierung des neuen Virus spezialisiert. Die Frage, ob das Coronavirus zu einer Epidemie führen wird, hält er für überholt: "Ich glaube, eine Epidemie gibt es bereits."

Entscheidend sei eine andere Frage: Wie schlimm wirkt sich der Erreger in der Mehrzahl der Fälle aus? Noch weiß niemand, ob die bislang bekannten Infektionen den typischen Krankheitsverlauf spiegeln - oder ob es sich dabei um außergewöhnlich schwere Fälle handelt.

Möglicherweise tragen zahlreiche Menschen das Virus in sich, leiden aber allenfalls unter einem Schnupfen. "Jedes an sich harmlose Erkältungsvirus macht manche Menschen so krank, dass sie auf die Intensivstation müssen oder sogar daran sterben", sagt Drosten. Beantworten ließe sich die Frage mit großen epidemiologischen Studien etwa in Saudi-Arabien, in denen symptomfreie Menschen auf den Erreger hin untersucht werden müssten. "Meines Wissens gibt es solche Studien bislang nicht", sagt der Bonner Virologe. Sie sind technisch schwierig, da sich der Erreger nur schwer zweifelsfrei nachweisen lässt.

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