Neuer DSO-Chef Axel Rahmel:Transplantationsmediziner mit wenig Skandalpotential

Manche nennen Axel Rahmel den Organ-Bürokraten. Doch gerade von seiner Genauigkeit dürfte die Deutsche Stiftung Organtransplantation profitieren. Die Organisation kämpft nicht nur gegen die sinkende Spendenbereitschaft, sondern war vor nicht allzulanger Zeit selbst schweren Vorwürfen ausgesetzt.

Von Christina Berndt

Er war schon lange der Wunschkandidat vieler Transplantationsexperten. Aber Axel Rahmel hat sich noch ein bisschen geziert, bis er nun, beim zweiten Ersuchen, doch unterschrieb. Ab April 2014 wird der Kardiologe neuer Medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sein.

Das wird keine leichte Aufgabe werden, aber eine skandalträchtige auch nicht: In den Skandal um Manipulationen bei Lebertransplantationen war die DSO nämlich kaum involviert, weil sie lediglich für die Logistik der Organspenden zuständig ist - von der Meldung der Hirntoten bis zum Transport der Organe an die Empfängerzentren. Traurige Aufgabe der DSO war es zuletzt auch, die infolge des Skandals stark gesunkenen Spenderzahlen zu verkünden.

Der neue Job ist für Axel Rahmel aber nicht nur wegen der geringen Spendebereitschaft eine Herausforderung. Die DSO ist kein einfacher Laden. Bis heute leidet die Stiftung unter den Folgen eines "Führungsstils nach Gutsherrenart", wie ihn Rahmels Vorvorgänger pflegte und so die Motivation vieler Mitarbeiter in einem ohnehin schwierigen Arbeitsfeld an der Schnittstelle von Leben und Tod zunichte machte. Manche Scherben sind allerdings gekittet, seit im Januar 2013 ein Interimsvorstand die Führung der DSO übernommen hat.

Schon damals hätte Axel Rahmel neuer DSO-Vorstand werden sollen. Doch die Berufung scheiterte an den Vertragsbedingungen. Zudem fiel Rahmel der Weggang von der Stiftung Eurotransplant mit Sitz im niederländischen Leiden nicht leicht, welche für die Verteilung von Spenderorganen zuständig ist und deren Medizinischer Direktor er seit 2005 ist. Der Stiftung hat Rahmel nicht nur internationales Format verliehen, sondern sie auch zu einem vertrauenswürdigen Akteur im Transplantationswesen gemacht.

Nächtelang arbeitete er Statistiken aus

Den Transplantationsskandal meisterte der 51-Jährige bravourös. Eurotransplant ging unbeschadet daraus hervor, obwohl manche Experten meinen, die Stiftung hätte die Verteilung der Organe an die betrügerischen Zentren kritischer prüfen müssen. Dass dies kein großes Thema wurde, liegt vor allem am unermüdlichem Einsatz Rahmels, der sich während des Skandals mitunter die Nächte um die Ohren schlug, um mit akkurat kalkulierten Statistiken Vorwürfe etwa einer Bevorzugung von Privatpatienten oder anderer Mauscheleien zu entkräften.

Der Vater zweier Töchter, der selbst viele Jahre am Herzzentrum der Universität Leipzig Transplantationspatienten betreut hat, gilt als extrem genau und zuverlässig. Manche in der Szene nennen ihn spöttisch den Organ-Bürokraten, doch zugleich ist nicht zu verhehlen, dass eben diese Eigenschaft in einer Medizin, die vom Vertrauen und der freiwilligen Spende der Bevölkerung lebt, nicht zu verachten ist.

Mit Rahmel wird die DSO wohl kaum in einen neuen Skandal schlittern, wenigstens nicht in einen selbstverschuldeten. Allerdings hat Rahmel auch selbst Lehrgeld bezahlt. Seine akribische Treue zu den Regeln ist nicht zuletzt Folge eines kritischen SZ-Berichts vom Februar 2006, also aus Rahmels Anfangszeit bei Eurotransplant: Gemeinsam mit den Chefs der beiden anderen großen Akteure im Transplantationswesen (der DSO und der Ständigen Kommission Organtransplantation bei der Bundesärztekammer) hatte sich Rahmel auf Verhandlungen mit einer Berliner Familie eingelassen, die die Organe des verstorbenen Vaters nur spenden wollte, wenn die Witwe eine der Nieren bekam. Das Ansinnen ist vielleicht menschlich verständlich, aber es verstößt gegen das Gesetz.

Die scharfe Berichterstattung hätte ihn damals sehr verletzt, erzählte Rahmel einmal. Aber sie hätte ihn auch gelehrt, dass in Sachen Transplantation die Regeln noch genauer zu nehmen sind als anderswo. Sein größtes Ziel bei der DSO hat er denn auch schon formuliert: Er will weiter dazu beitragen, dass die Menschen dieser Stiftung vertrauen können.

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