Medizin:Wie das Gehirn LSD umschlingt und nicht mehr freilässt

LSD

Grafische Darstellung von LSD (blau) in einem Serotoninrezeptor (weiß).

(Foto: Bryan Roth/UNC)

Konsumenten erleben stundenlange Trips - doch lange war unklar, wie genau die Substanz eigentlich wirkt. Nun haben Forscher den Mechanismus entschlüsselt.

Von Felix Hütten

Nur ein bisschen lutschen am mit der Droge beträufelten Löschpapier, und ab geht die Party: Es folgt ein langer Trip in bunten Farben, dazu Herzrasen und manchmal totaler Kontrollverlust. LSD ist eine der bekanntesten und stärksten halluzinogenen Drogen, weltweit verbreitet, täglich angewendet.

Doch Wissenschaftler rätseln seit Jahren, wie genau Lysergsäurediethylamid im Gehirn eigentlich wirkt - und warum ein LSD-Trip so lange anhält. Der Pharmakologe Bryan Roth von der University of North Carolina, in seiner Jugend viel auf Konzerten unterwegs, verfolgt diese Frage seit Beginn seiner wissenschaftlichen Karriere.

Ein Rezeptor wie eine Tupperdose

Nun haben er und sein Kollege Daniel Wacker in einer aktuellen Studie, veröffentlicht im Fachmagazin Cell, den Bindungsmechanismus von LSD an Rezeptoren im Gehirn untersucht.

Die Forscher konnten zeigen, dass Rezeptoren im Gehirn, an die sonst der Botenstoff Serotonin andockt, die Droge förmlich umschlingen und nicht wieder loslassen. Man kann sich diese Rezeptoren wie eine Tupperdose vorstellen, deren Deckel mit Klammern verschlossen wird - kein Entkommen für das Pausenbrot. Oder eben, übertragen auf das Gehirn, für das LSD-Molekül.

Die Forscher vermuten, dass diese innige Bindung und insbesondere der festgezurrte Deckel die lang anhaltende Wirkung der Droge erklärt. LSD wirkt acht bis zwölf Stunden, manchmal sogar bis zu einen Tag, obwohl es im Blut schon nach Stunden nicht mehr nachweisbar ist.

Glücklicherweise endet der Drogentrip irgendwann. Was den Grund angeht, haben Roth und Wacker zwei Vermutungen. Zum einem sind Rezeptoren kein statisches System. So kann es passieren, dass sich die Deckel der Serotoninrezeptoren doch kurz etwas bewegen und damit immer wieder wenigen LSD-Molekülen die Flucht ermöglichen. Zum zweiten könnte der Körper die mit dem eigenartigen Party-Molekül besetzten Rezeptoren aus dem Verkehr ziehen.

Die Forscher betonen, mit ihren Ergebnissen keinesfalls die Drogenmanufakturen beliefern zu wollen. Ziel der Forschung sei vielmehr ein fundamentales Verständnis der Wirkung von LSD im Gehirn - um eines Tages, so die Autoren, die Droge von Nebenwirkungen zu befreien und als Medikament für Patienten einsetzen zu können.

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