Medikamente:Patienten wollen Markenware

Das Marketing der Pharmafirmen scheint zu funktionieren. Ärzte verschreiben zu häufig Markenmedikamente anstelle der günstigeren Generika. Erhalten sie von den Herstellern Gratisproben und kostenlosen Snacks sind Ärzte besonders willfährig bei der Verordnung von Orginalpräparaten.

Von Christian Weber

Das Gesundheitssystem kostet in allen Ländern der westlichen Welt Milliarden, und sogenannte Generika - wirkstoffgleiche Kopien bereits eingeführter Markenmedikamente - sollen diese Ausgaben reduzieren. Warum dieses Potenzial nicht ausgeschöpft wird, zeigt jetzt eine neue Studie eines Forscherteams um Eric Campbell vom Massachusetts General Hospital (MGH) im Fachblatt Jama Internal Medicine (online).

Sie ermittelten, dass zumindest in den USA rund 40 Prozent der Ärzte "gelegentlich" oder "häufig" Markenmedikamente verschreiben, obwohl geeignete generische Mittel verfügbar wären - es reicht, dass die Patienten danach fragen. "Da Generika 30 bis 80 Prozent billiger sind als die Markenversionen, trägt diese Praxis zu einem wesentlichen Teil der unnötigen Gesundheitsausgaben bei", resümiert Campbell.

Die Forscher hatten bereits 2009 Fragebögen an insgesamt 3500 Ärzte aus den wesentlichen medizinischen Disziplinen verschickt, von denen knapp 1900 antworteten. Dabei zeigten sich weitere Auffälligkeiten: So waren Ärzte, die mehr als 30 Jahre Berufserfahrung hatten, besonders willfährig bei der Verschreibung von Markenmedikamenten; bei den Fächern war die Innere Medizin und die Psychiatrie häufiger vertreten. Wenig überraschend war auch, dass Praxen, die von Pharmafirmen mit kostenlosen Snacks und Getränken sowie mit Gratisproben versorgt wurden, ebenfalls eher Markenprodukte verschrieben - das gängige Pharma-Marketing funktioniert also. Vortrags- und Beratungshonorare sowie industriefinanzierte Reisen hatten überraschenderweise keinen Einfluss.

Die Studienautoren bleiben dennoch skeptisch. "Auch wenn wir die Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen Industriemarketing und Verschreibungspraxis nicht wirklich beweisen können, lassen die Daten vermuten, dass das Marketing funktioniert", sagt Campbell. "Unsere Ergebnisse wecken ernsthafte Zweifel am Sinn von Treffen mit Pharmareferenten, die Ärzte angeblich auf den neuesten Stand bringen." Er schlägt deshalb unter anderem vor, dass die Apotheker anstelle von Ärzten in Praxen und Krankenhäusern über die Ausgabe von Markenmedikamenten entscheiden sollten.

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