Lebenserwartung:Nippons kranke Manager

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Die Lebenserwartung ist in Japan sehr hoch, doch seit die japanische Wirtschaft stagniert, steigen die Todeszahlen unter Führungskräften. Auch bei den Selbsttötungen liegen die Männer hier einsam an der Spitze.

Christian Weber

Was die öffentliche Gesundheit angeht, lief es in Japan seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eigentlich ausgesprochen gut. Dank der stürmischen sozioökonomischen Entwicklung, dem Ausbau der Krankenversorgung und besserer Ernährung stieg die Lebenserwartung ständig an; insbesondere die japanischen Frauen stehen weltweit an der Spitze.

Doch für eine gar nicht so kleine Gruppe von Männern zeigt der Trend seit dem ökonomischen Kollaps in den 1990er Jahren nach unten, berichtet jetzt ein Team von Public-Health-Experten um Koji Wada von der Kitasato University School of Medicine ( British Medical Journal, online): Bei Managern und hochqualifizierten Mitarbeitern, die zuletzt knapp 16 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ausmachten, stieg das Mortalitätsrisiko seit 2000 um drastische 70 Prozent.

Das ist umso überraschender, weil in den anderen Berufsgruppen die Lebenserwartung weiterhin stieg - auf ein besonders hohes Sterbealter dürfen sich demnach in Japan insbesondere einfache Arbeiter, Mönche und im Verkauf beschäftigte Männer freuen. Dies schließen die Forscher aus der Analyse staatlicher Statistiken, in der die Berufe und Sterbeursachen aller Männer erfasst wurden, die zwischen 1980 und 2005 verschieden und zwischen 30 und 59 alt waren.

Einen steigenden Trend in allen Berufsgruppen gab es hingegen bei den Selbsttötungen, wobei die Manager wiederum einsam an der Spitze liegen: Bei ihnen stieg die Suizidrate seit 1980 um gewaltige 271 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland hat sich die Selbstmordrate im gleichem Zeitraum ungefähr halbiert.

Die Autoren der neuen Studie vermuten, dass naheliegende Risikofaktoren wie Übergewicht, Alkoholmissbrauch und fehlende körperliche Aktivität unter anderem mehr Krebs- und Herz-Kreislauf-Krankheiten verursachen.

Führungskräfte seien für gesundheitsschädliches Verhalten besonders anfällig, weil sie in der japanischen Arbeitskultur unter besonders großem Druck stünden. Dieser habe sich noch verschärft, weil infolge der Krise der Anteil der Manager unter den Berufstätigen von 6,7 Prozent (1995) auf 3,2 Prozent (2005) geschrumpft sei, und das bei steigender Arbeitslast.

© SZ vom 07.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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