Krankenkassen:Was die neue Gesundheitskarte kann - und was nicht

Elektronische Gesundheitskarte

So sieht die neue Gesundheitskarte aus - hier ein Modell der Techniker Krankenkasse in einem Lesegerät.

(Foto: dpa)
  • Vom 1. Januar 2015 an ist die elektronische Versichertenkarte für Patienten Pflicht. Die neue Karte unterscheidet sich von ihrer Vorgängerin nur durch das aufgedruckte Foto.
  • Das Projekt ist inzwischen zehn Jahre alt, es hat eine Milliarde Euro verschlungen. Die große Koalition will ihm nun auf die Sprünge helfen - mit einem neuen Gesetz.
  • Die Befürworter versprechen sich eine bessere Behandlung der Patienten - Kritiker sehen die Sicherheit der persönlichen Daten gefährdet.

Von Guido Bohsem, Berlin

Die elektronische Gesundheitskarte wird mehr als zehn Jahre nach dem Beschluss im Bundestag nun bei der Behandlung durch einen Arzt oder Psychotherapeuten zur Pflicht. Bislang galten noch Übergangsregelungen. Von Anfang des Jahres an verlieren die alten Karten jedoch ihre Gültigkeit. Ein Durchbruch ist das nicht. Die neue Karte unterscheidet sich von ihrer Vorgängerin nur durch das aufgedruckte Foto. Die auf ihr gespeicherten Daten sind ansonsten identisch - Name, Geburtsdatum, Anschrift, Krankenversicherungsnummer. Schmale Ergebnisse angesichts des Aufwands, den die zuständige "Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte" bislang betrieben hat.

Die große Koalition will beim technischen Ausbau Tempo machen

Mehr als eine Milliarde Euro hat das Projekt inzwischen verschlungen. Mit dem sogenannten eHealth-Gesetz will die große Koalition dem Projekt nun auf die Sprünge helfen. Die Regelung soll die bisherigen Streitigkeiten zwischen den Krankenkassen und den Ärzteverbänden und Apothekern lösen und den Ausbau der technischen Möglichkeiten vorantreiben. Ein Referentenentwurf für das Gesetz soll noch im Januar vorgelegt werden. Denn nicht etwa die Regierung oder eine Behörde ist für die Fortschritte bei der elektronischen Gesundheitskarte zuständig, sondern die Verbände im Gesundheitssystem, die sogenannte Selbstverwaltung.

Insbesondere aus der Ärzteschaft hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder heftige Kritik an dem Vorhaben gegeben. Sie befürchtet, dass über die Karte und die damit verbundenen Speichersysteme die persönlichen Daten der Versicherten gefährdet sein könnten. Zudem machen sich die Mediziner Sorgen, ob die Kassen die über die Karte gespeicherten Daten nicht für eine stärkere Kontrolle der Ärzte missbrauchen und so in die Behandlungsfreiheit eingreifen könnten. Allerdings hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik immer wieder Auflagen für den Umgang mit den sensiblen Daten verhängt und hohe Standards gesetzt.

Die Befürworter des Vorhabens versprechen sich eine bessere Behandlung der Patienten durch die elektronische Gesundheitskarte. So könnten beispielsweise Doppelbehandlungen vermieden oder leichter festgestellt werden, welche Medikamente der Patient nimmt, um eine zu hohe oder schädliche Verordnung zu vermeiden. Auf freiwilliger Basis sollen künftig auch Arztbriefe und Patientenakten über die Karte weitergegeben werden. Automatisch soll dies aber nicht geschehen. Lesen kann der Arzt oder Apotheker die Daten erst, wenn der Patient sie - wie etwa auch bei der EC-Karte - mit einer persönlichen Kennzahl freigegeben hat. Die Daten sollen nicht auf der Karte, sondern auf verschiedenen Rechnern gespeichert werden, damit sie bei einem Hacker-Angriff nicht unmittelbar zusammengeführt werden können.

Ohnehin gilt die elektronische Gesundheitskarte nur als Zwischenschritt für eine vollständige Vernetzung des Gesundheitswesens. Ziel ist es, einen möglichst sicheren Austausch von Daten zu erreichen. Das Projekt gilt auch ökonomisch als richtungsweisend, weshalb viele namhafte Industrieunternehmen sich daran beteiligen.

Für den Augenblick ist das noch Zukunftsmusik: Wer künftig seine elektronische Gesundheitskarte beim Besuch des Arztes nicht dabei hat, kann trotzdem behandelt werden. Hat der Patient auch nach zehn Tagen seine Karte nicht vorgelegt, darf der Arzt ihn jedoch wie einen Privatpatienten behandeln und ihm eine Rechnung schreiben.

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