Influenza:Grippewellen zirkulieren zwischen den Metropolen

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Bis zu einem Fünftel der Bevölkerung erkrankt jährlich an Grippe - und die nächste Welle kommt bestimmt. Nur woher stammen die stetig wiederkehrenden Erreger? Bisher ging man davon aus, dass sie aus den dicht besiedelten Ballungsräumen Südostasiens kommen. Aber so einfach ist das nicht.

Moritz Pompl

Mit den Wintermonaten kommt nicht nur der Schnee zurück nach Deutschland, sondern auch die Grippewelle. Bis zu einem Fünftel der Bevölkerung erkrankt jährlich an Influenzaviren und bekommt plötzlich starkes Fieber, Husten, Muskel- und Kopfschmerzen.

H3N2 verbreitete sich von der nördlichen Hemisphäre auf die südliche und umgekehrt. (Foto: CDC)

Doch woher stammen die stetig wiederkehrenden Erreger? Aus den dicht besiedelten Ballungsräumen Südostasiens, lautete die bisherige Annahme. Tatsächlich jedoch nutzen die Viren ein weltweites Netzwerk urbaner Ballungsräume als Reservoir, berichten nun Mikrobiologen der Duke-NUS Medical School in Singapur in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (online).

Sie verglichen das Genom von Viren der Influenza-A-Unterart H3N2 in Proben, die zwischen 2003 und 2006 von Infizierten aus Großstädten in Europa, den USA, Japan, Australien, Neuseeland und Südostasien sowie in Hong Kong gesammelt worden waren.

Dabei konnten sie zeigen, dass die genetisch identischen Viren eines Stammes nicht einer speziellen Ursprungsregion zuzuordnen sind. Die Erreger nutzen vielmehr städtische Zentren in vielen Teilen der Erde, um sich zwischen diesen wie in einem Netzwerk zu verbreiten.

"Wir haben herausgefunden, dass diese Regionen nur Knoten in einem Netzwerk urbaner Zentren sind, die über den Flugverkehr miteinander verbunden sind", sagt der Projektleiter Gavin Smith. In diesem Geflecht zirkuliere Influenza in hohem Maße und führe zu lokalen Epidemien, die zeitlich überlappen, so Smith weiter. Beispielsweise wiesen die Forscher nach, dass asiatische Metropolen regelmäßig auch mit Viren aus gemäßigten Zonen versorgt wurden.

H3N2 verbreitete sich von der nördlichen Hemisphäre auf die südliche und umgekehrt, sowie von Kontinent zu Kontinent, ohne eine Region als Zentrum. Die Biologen vermuten, dass durch diese Zirkulation regelmäßig unterschiedliche Virenstämme zusammenkommen und neue Erreger bilden, indem sie ihre Genome miteinander mischen. Letztere sind dann für den Ausbruch der jährlichen Grippewelle verantwortlich. Die saisonale Neumischung der Genome macht es schwer, Impfstoffe und antivirale Arzneimittel einzusetzen.

Beim Menschen führen die Influenzatypen A und B immer wieder zu Grippesymptomen. Forscher unterscheiden zudem verschiedene Unterarten, die sie anhand ihrer Oberflächenmoleküle Hämagglutinin und Neuraminidase auseinanderhalten. Beispielsweise sorgte im Jahr 2009 der Influenza-A-Subtyp H1N1 als Erreger der sogenannten Schweinegrippe für Aufregung.

Die Erreger werden von Mensch zu Mensch über Tröpfcheninfektion übertragen. Gefährlich kann eine Ansteckung für ältere Patienten sowie für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Herz- oder Immunschwäche werden, weil dann eher Entzündungen der Lunge, des Herzmuskels oder des Hirns hinzukommen.

Daher empfiehlt das Robert-Koch-Institut für entsprechende Personen eine jährliche Impfung. Die Häufung an Infektionen im Winter ist darauf zurückzuführen, dass die Nasenschleimhaut, teils durch trockene Raumluft, empfindlicher und infektanfälliger ist.

© SZ vom 16.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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