Inflationäre Vorsorge:"Es gibt eine klare Überversorgung während der Schwangerschaft"

Ultraschallbild: Bluttest auf Down-Syndrom soll in Kürze auf den Markt kommen

Das Ungeborene sehen zu können, ist für viele werdende Eltern beglückend. Sie lassen die Untersuchung viel häufiger durchfüren als nötig.

(Foto: iStockphoto)
  • Werdende Mütter nehmen mehr Untersuchungen in Anspruch als vorgesehen.
  • Viele Schwangere verlangen offenbar von sich aus nach mehr Diagnostik.
  • Experten beunruhigt dieser Trend.

Fast alle Schwangeren nehmen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die in den Richtlinien gar nicht vorgesehen sind. Hierzu zählen etwa mehr als drei Ultraschalluntersuchungen und spezielle Blut- oder Herztonmessungen. Dies zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung, für die knapp 1300 bei der Barmer GEK versicherte Mütter kurz nach der Geburt befragt wurden.

Nahezu unerheblich war dabei, ob eine Risikoschwangerschaft oder ein unauffälliger Verlauf vorlag. Auch das Einkommen oder der Bildungsabschluss der Schwangeren hatten kaum Einfluss darauf, ob Zusatzleistungen in Anspruch genommen wurden oder nicht.

Vier von fünf Frauen zahlten selbst

Viele der Untersuchungen werden von Experten als nicht notwendig erachtet und von den Kassen nicht vergütet. Vier von fünf Frauen zahlten selbst für zusätzliche diagnostische Maßnahmen. Doch: "Mehr ist nicht zwingend besser. Es gibt eine klare Überversorgung während der Schwangerschaft", so Uwe Schwenk, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung.

In vielen Fällen wurde den Frauen die Untersuchung in der Praxis gar nicht vorgeschlagen, was dafür spricht, dass sie sie von selbst eingefordert haben. Vor allem zusätzliche Ultraschalluntersuchungen wünschten sich Frauen häufig.

Fast die Hälfte der Frauen mit normaler Schwangerschaft gab an, mehr als fünf Ultraschalluntersuchungen in Anspruch genommen zu haben - bis zu 29 Mal wurde die Bildgebung durchgeführt. Die Richtlinien sehen drei vor.

Experten fürchten, auf diese Weise werde Schwangerschaft immer mehr als etwas Krankhaftes und Behandlungswürdiges angesehen. Es schüre die Angst der Frauen vor der Geburt und somit "möglicherweise auch ihren Wunsch nach einer vermeintlich sicheren Kaiserschnitt-Entbindung", sagt Studienautorin Rainhild Schäfers von der Bochumer Hochschule für Gesundheit.

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