Infektionskrankheiten:Mers: Der Superverbreiter von Seoul

186 Menschen waren 2015 bei dem Mers-Ausbruch in Südkorea erkrankt. 82 von ihnen steckten sich alle bei dem selben Mann an. Wie das passieren konnte, haben Forscher jetzt rekonstruiert.

Bei der südkoreanischen Mers-Epidemie im Frühjahr 2015 hat ein einziger Patient gleich 82 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Das zeigt eine im britischen Fachmagazin The Lancet veröffentlichte Studie. Die Autoren rekonstruierten anhand von Kameraaufnahmen und Krankenakten den Epidemie-Verlauf und identifizierten diesen sogenannten Superverbreiter: "Patient 14", 35 Jahre alt und Kontaktperson jenes Kranken, der das Virus aus dem Nahmen Osten eingeschleppt hatte.

"Patient 14" suchte im Mai 2015 die Notaufnahme des Samsung Medical Centers auf - eine Einrichung, die an jenem Tag heillos überfüllt war. Innerhalb von drei Tagen steckte er 41 Besucher, 33 andere Patienten und acht Krankenhausmitarbeiter an.

"Überfüllung spielte bei diesem Ausbruch eine große Rolle und ist typisch für den modernen Medizinbetrieb", sagte Studienautor Doo Ryeon Chung. Weitere Faktoren für den Ausbruch werden in einem begleitenden Kommentar aufgelistet: Eine unzureichende Belüftung der Notaufnahme, das Fehlen von Isolationsräumen, die mangelnde Kommunikation zwischen Kliniken, in denen Mers diagnostiziert wurde, gehören dazu.

Das alles führte dazu, dass Südkorea zwischen Mai und Mitte Juli den größten Mers-Ausbruch außerhalb des Nahen Ostens erlebte, 36 der insgesamt 186 Erkrankten starben.

Das Mers-Virus (Middle East Respiratory Syndrome-Coronavirus; Mers-CoV) wurde erstmals im Jahr 2012 bei einem 60-jährigen Mann in Saudi-Arabien gefunden, der bald darauf an einer Lungenentzündung starb. Seitdem wurde der Erreger nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei mehr als 1700 Menschen weltweit nachgewiesen, mehr als 600 von ihnen starben. Ein großer Teil der Infektionen wird nach Experteneinschätzungen aber aufgrund milder Verläufe gar nicht erkannt - und damit auch nicht erfasst.

Typische Symptome der zunächst grippeähnlichen Erkrankung sind bei schwerem Verlauf Fieber, Atemprobleme, Lungenentzündung, Durchfall und Nierenversagen. Das Mers-Virus ist mit dem Sars-Virus verwandt. An Sars waren 2002 und 2003 binnen weniger Monate rund 800 Menschen gestorben, Tausende infizierten sich.

Auch dieser Ausbruch ging zu einem großen Teil auf einen einzigen Mann zurück: einen Mediziner aus der südchinesischen Provinz Guangdong, der nach Hongkong reiste und - bereits schwer erkrankt - in einem Hotel eincheckte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) errechnete später, dass etwa die Hälfte der insgesamt rund 8000 weltweit registrierten Sars-Fälle auf den Mann aus Zimmer 911 zurückgehen.

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