Hygiene:Die gefährlichsten Lebensmittelkeime

Salmonellen

Unter dem Elektronenmikroskop: Salmonellen infizieren menschliche Zellen.  

(Foto: Rocky Mountain Laboratories, NIAID, NIH)

Listerien, Salmonellen, EHEC: Bakterien können nicht nur harmlose Magenverstimmungen auslösen. Einige von ihnen sind lebensgefährlich. Zehn Mikroben, vor denen Sie sich hüten sollten.

Von Andrea Bannert

Manches Sommerfest endet im Desaster. Vom überbordenden Buffet, von all den liebevoll zubereiteten Speisen bleiben nur noch die Folgen in Erinnerung: Heftige Bauchkrämpfe, Übelkeit, Durchfall. Für solche Erkrankungen sind neben einigen Viren wie dem Norovirus vor allem Bakterien verantwortlich. Mediziner unterscheiden dabei, ob Bakterien selbst die Symptome auslösen. Solche Erkrankungen nennen Ärzte Lebensmittelinfektionen. Andere Bakterien produzieren Giftstoffe, die krank machen. In diesem Fall sprechen Experten von einer Lebensmittelvergiftung. Ein Überblick über die häufigsten Auslöser derartiger Erkrankungen.

Campylobacter: König der Durchfallerreger

Obwohl Salmonellen die bekanntesten Lebensmittelkeime sind - Infektionen mit Campylobacter kommen häufiger vor. Allein in Deutschland werden jedes Jahr 70.000 Fälle registriert, berichtet das Robert-Koch-Institut. Die Bakterien kommen vor allem in rohem Geflügelfleisch vor. Deshalb gilt: Hähnchenkeulen, Putenschenkel und Co. gut durchbraten. "Das Fleisch sollte auch im Kern und am Knochen von weißer bis grauer Farbe sein", sagt Heidi Wichmann-Schauer, Hygieneexpertin am Bundesinstitut für Risikobewertung. Denn wie die meisten Lebensmittelkeime können Sie Campylobacter durch Erhitzen abtöten. Seltener wird das Bakterium auch in Rohmilch und in Rind- und Schweinefleisch gefunden.

Im Gegensatz zu Salmonellen kann Campylobacter zwar eine gewisse Zeit in Lebensmitteln überleben; der Keim vermehrt sich aber nicht im Essen, sondern erst im menschlichen Körper. Patienten bekommen erst nach zwei bis fünf Tagen Bauchschmerzen und Durchfall. Auch Kopfweh und Fieber können auftreten. In seltenen Fällen leiden Patienten an Nervenerkrankungen und Gelenkentzündungen.

Wichtigste Gegenmaßnahme bei Durchfall: Den Wasserhaushalt wieder auffüllen. Also trinken, trinken, trinken - mindestens drei bis vier Liter am Tag. Am besten eignen sich gezuckerte Tees oder salzhaltige Suppen, mit denen Sie gleichzeitig dem Salzverlust entgegenwirken können.

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Wie Sie sich vor Lebensmittelkeimen schützen

Salmonellen: Lauern auf der Eierschale

Salmonellen verursachten früher die meisten Lebensmittel-Infektionen. "Offenbar hat ein EU-Programm zur Bekämpfung der Erreger bei Hühnern dazu geführt, dass die Zahl der Patienten zurückgegangen ist", berichtet Wichmann-Schauer. In Deutschland wurden im Jahr 2016 weniger als 13.000 Erkrankungen an das Robert-Koch-Institut gemeldet, 2006 waren es noch knapp 53.000 Fälle

Salmonellen findet man vor allem auf Eiern sowie in rohem Schweine- und Geflügelfleisch. Meist aber nur in geringer Zahl, so dass man frische Lebensmittel ohne Reue verspeisen kann. Wenn Sie Eier aufschlagen, um eine frische Mayonnaise, ein leckeres Tiramisu, Pudding oder Ähnliches zuzubereiten, werden eventuell einige Erreger von der Schale in die Speise gespült. Ihre Zahl verdoppelt sich bei Raumtemperatur stündlich. "Wenn man ein Gericht mit rohen Eiern oder Eischnee von mittags bis abends ungekühlt stehen lässt, reicht das aus, um sich eine Lebensmittelinfektion zuzuziehen", sagt Karsten Fehlhaber, Veterinärmediziner an der Universität Leipzig.

Über tierischen Dünger oder kontaminiertes Wasser können die Keime auch auf Gemüse gelangen. Man sollte rohes Gemüse daher immer gut abspülen. Allerdings: 2008 überraschte der Wiener Wissenschaftler Heribert Hirt mit der Entdeckung, dass Salmonellen auch in Pflanzenzellen überleben und sich dort sogar vermehren können. 2007 waren 0,3 bis 2,7 Prozent des rohen Gemüses in Europa mit Salmonellen infiziert, schätzt Hirt. Wenn Salmonellen im Inneren von Salat und Co. gedeihen, hilft das Waschen von Rohkost leider nicht mehr.

Am häufigsten verursachen die Bakterienarten Salmonella Typhimurium und Salmonella Enteritidis die Beschwerden. Im Vergleich zu Campylobacter-Infektionen treten die Symptome deutlich früher auf: bereits nach acht bis 72 Stunden. Auch eine sogenannte Salmonellose äußert sich durch Durchfall und Erbrechen. Bauchschmerzen, Übelkeit, Fieber und Kopfschmerzen können hinzukommen. Die Krankheitssymptome können mehrere Tage andauern.

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Escherichia coli: Von harmlos bis EHEC

Jeder hat Escherichia-coli-Bakterien in seinem Darm und das ist auch gut so. Denn die meisten Stämme sind nützlich und hindern andere Keime daran sich auszubreiten. Es gibt aber auch einige krankheitserregende E.-coli-Bakterien. Manche von ihnen produzieren zusätzlich Giftstoffe und machen dann besonders krank. Ein Beispiel dafür ist EHEC, an dem 2011 ungewöhnlich viele Menschen erkrankten und 53 starben. Die Infektionsquelle waren Bockshornkleesamen aus Ägypten.

So genannte enterohämorrhagische Escherichia coli, kurz EHEC, bilden Shigatoxine, die wichtige Zellen im Darm zerstören. EHEC-Bakterien gelangen durch rohes oder nicht durchgegartes Fleisch, Rohmilch und daraus hergestellte Produkte wie Rohmilchkäse in den Körper. Auch auf Obst und Gemüse können die Erreger vorkommen, wenn die Lebensmittel mit Tierdung oder verunreinigtem Wasser in Kontakt kamen. Man kann sich aber auch anstecken, wenn man infizierte Tiere streichelt.

Zwei bis neun Tage nach der Ansteckung bekommen Betroffene Durchfall und schwere Bauchkrämpfe. Ihnen kann übel sein, Erbrechen ist aber selten und sie haben kein Fieber. Nach maximal einer Woche sollte der Durchfall wieder abgeklungen sein. In zehn bis 20 Prozent der Fälle entsteht eine Darmentzündung, die sich durch Blut im Stuhl und kolikartige Bauchschmerzen äußert. Fünf bis zehn Prozent dieser Patienten entwickeln eine lebensbedrohliche Komplikation, das so genannte hämolytisch-urämische Syndrom, kurz HUS. Es kommt zu akutem Nierenversagen und Blutarmut. Meist sind Kinder von diesem schweren Verlauf der EHEC-Infektion betroffen.

Zur Therapie verschreibt der Arzt in der Regel kein Antibiotikum, denn die Bakterien produzieren im Überlebenskampf noch mehr Giftstoffe.

Neben EHEC gibt es weitere E.-coli-Stämme, die giftige Stoffe produzieren: enterotoxische E. coli, kurz ETEC. Sie sind bei Urlaubern gefürchtet, weil sie die häufigste Ursache für Reisedurchfall sind. Meist werden sie durch fäkale Kontaminationen auf die Lebensmittel übertragen.

Die Symptome treten wie bei einer Salmonellen-Infektion sehr rasch auf. Schon nach wenigen Stunden bekommen Betroffene Durchfall, Bauchkrämpfe, Erbrechen und leichtes Fieber. Es kann bis zu 19 Tage dauern, bis die Beschwerden wieder abgeklungen sind.

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Wie Sie sich vor Reisedurchfall schützen

Yersinien und Shigellen

Yersinien: Schmerzen im rechten Unterbauch

Am gefährlichsten ist Yersinia pestis, der Erreger der Pest. Er wird vor allem von Rattenflöhen übertragen und führt unbehandelt oft zum Tod. Zum Glück gilt Yersinia pestis in Europa als ausgerottet. Dafür hat in den vergangenen Jahrzehnten die Bedeutung einer anderen Yersinien-Art zugenommen: Yersinia enterocolitica.

Eine so genannte Yersiniose holt sich wahrscheinlich am schnellsten, wer rohes Hackfleisch verzehrt. Grundsätzlich sind Yersinien in nicht durcherhitzten tierischen Lebensmitteln zu finden, vor allem in Schweinefleisch.

Yersinien lösen heftige Magen-Darm-Infekte mit Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfen und Fieber aus. Da die Bauchschmerzen besonders in der rechten Leistengegend auftreten, wird manchmal fälschlicher Weise eine Blinddarmentzündung diagnostiziert. In seltenen Fällen werden die Beschwerden chronisch und es kommt zu Folgekrankheiten, wie beispielweise einer Herzmuskelentzündung oder einer Entzündung des Unterfettgewebes, die mit schmerzhaften roten Knötchen einhergeht.

Shigellen: Unbeliebte Urlaubssouvenirs

Bei Shigellen sind, wie bei ETEC, Übertragungen von Mensch zu Mensch die häufigste Ursache für eine Infektion. Durch Verunreinigungen mit Kot gelangen die Bakterien ins Trinkwasser, auf Lebensmittel oder werden durch Fliegen weitergegeben. Auch kontaminierte Badeseen stellen eine Gefahr dar. In Deutschland treten die meisten Infektionen als Folge eines Auslandsaufenthalts auf. Besonders hoch ist das Risiko sich mit Shigellen anzustecken in Ägypten, Tunesien, Indien oder der Türkei.

Manche Shigellenarten stellen Gifte her, die die Schleimhaut des Darms reizen und möglicherweise Entzündungen hervorrufen. Nach ein bis vier Tagen bekommen Infizierte Durchfall, der blutig oder eitrig sein kann, Bauchkrämpfe und oft hohes Fieber. Ansteckungsgefahr droht vier Wochen lang.

Listerien und Cholera-Bakterien

Listerien: Symptome wie bei einer Grippe

Die Zahl der Listeriose-Erkankungen pro Jahr ist mit 350 relativ gering. "Dennoch ist die Prävention dieser Erkrankung besonders wichtig", sagt Wichmann-Schauer, "weil die Sterblichkeitsrate sehr hoch ist." Etwa ein Viertel der Erkrankten überlebt die Lebensmittel-Infektion nicht. Bei Schwangeren kann die Krankheit zu Missbildungen beim Kind oder sogar zu einer Totgeburt führen.

Listerien können in Menschen und Tieren wachsen, überleben aber auch außerhalb lebender Organismen. Häufig sind sie zum Beispiel in verdorbenem Futter für Kühe und Schweine zu finden. Die wichtigste Infektionsquelle für den Menschen sind verzehrfertige Lebensmittel, zum Beispiel Rohmilchprodukte, bestimmte Käsesorten oder Räucherfisch. Listerien sind besonders widerstandsfähig und wachsen auch im Kühlschrank munter weiter - allerdings langsamer als bei höheren Temperaturen. Durch Hitze kann man die Keime aber abtöten.

Listeriose-Patienten haben in der Regel keinen Durchfall, sondern grippeähnliche Symptome. Sie bekommen Fieber und Muskelschmerzen. Das Hirn oder die Hirnhaut können sich entzünden, möglicherweise werden auch andere Organe von den Listerien befallen. Wenn sich die Infektion noch weiter ausbreitet, kommt es zu einer gefährlichen Blutvergiftung.

Vibrio cholerae: Verseuchtes Trinkwasser als Auslöser

Cholera-Bakterien wachsen nur im menschlichen Darm. Infektionen über Lebensmittel oder Trinkwasser sind möglich, wenn diese mit menschlichen Fäkalien verunreinigt sind. Die Erreger können im Süßwasser vier bis sieben Tage überleben. Vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika erkranken Menschen an Cholera - drei bis fünf Millionen jedes Jahr, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), etwa 100.000 sterben an der Krankheit. Besonders hoch ist das Risiko, wenn Naturkatastrophen die Versorgung mit sauberem Trinkwasser erschweren.

In Deutschland werden pro Jahr bis zu sieben Cholera-Infektionen gemeldet, meist waren Betroffenen in Risikoländern unterwegs.

Infizierte bekommen extreme Durchfälle - der Körper verliert hier bis zu 25 Liter Flüssigkeit am Tag. Als Folge können Muskelkrämpfe, Blutdruckabfall, Bluteindickung, Herzrasen oder ein Kreislaufkollaps auftreten. Wenn man den extremen Wasser- und Salzverlust behandelt, ist die Krankheit aber in 99 Prozent der Fälle heilbar.

Clostridien: Lebensgefahr durch verdorbene Konserven

Manche Bakterien lösen Durchfall nicht direkt aus, sondern produzieren Giftstoffe, die in den Körper gelangen. Dann spricht man von einer Lebensmittelvergiftung. Schuld an einer solchen Vergiftung können zum Beispiel Clostridien oder bestimmte Bazillen sein.

Die meisten Erreger in Lebensmitteln sterben beim Kochen ab. Nicht so Clostridien. "Diese Bakterien bilden Dauerstadien, sogenannte Sporen, die bei Hitze wieder auskeimen können", erklärt Wichmann-Schauer. Eine Vermehrung von Clostridien droht in unzureichend sterilisierten, luftdicht verschlossenen Lebensmitteln, etwa selbst eingemachten Konserven oder Weckgläsern.

Die gefährlichste Lebensmittelvergiftung mit bakteriellen Giften ist der Botulismus. Clostridium botulinum heißt der Verursacher. Schon 0,1 bis ein Mikrogramm seines Giftes sind tödlich. Erste Anzeichen von Botulismus sind Magen-Darm-Beschwerden, wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Betroffene fühlen sich zunächst schwach und matt, sind heißer und haben Schluckbeschwerden. Später sehen sie doppelt und ihre Muskulatur in Gesicht, Zunge, Nacken, Armen und Beinen erschlafft, denn das Gift hemmt die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskulatur. Schließlich kommt es zur Atemlähmung und zum Herzstillstand.

Um Botulismus vorzubeugen, achten Sie auf aufgetriebene Konserven. Ist der Deckel gewölbt, sollten Sie den Inhalt lieber nicht mehr essen. In Mitteleuropa ist diese Lebensmittelvergiftung relativ selten. Pro Jahr gibt es in Deutschland weniger als zehn Fälle, schätzen Experten.

Deutlich harmloser sind Lebensmittelvergiftungen, die durch Clostridium perfringens ausgelöst werden. Betroffene bekommen innerhalb eines Tages Durchfall, Übelkeit und Bauchschmerzen. Die Beschwerden klingen in der Regel nach zwei Tagen auch ohne Behandlung wieder ab. Gelangt das Bakterium in Wunden kann es dort schwere Infektionen verursachen, den sogenannten Gasbrand.

Bacillus cereus und Staphylokokken

Bacillus cereus: Gefahr im Chinarestaurant

Auch Bacillus cereus ist ein Lebensmittel-vergiftendes Bakterium. Seine Sporen nisten sich häufig in rohem Reis ein und Keimen beim Kochen aus. Wird der gekochte Reis unterhalb von 65 Grad warmgehalten, vermehren sich die Keime und bilden Giftstoffe. Das Bakterium kann aber auch über Staub- und Erdpartikel in die Nahrung gelangen - denn es kommt überall vor.

Bacillus cereus kann zwei verschiedene Erkrankungsformen auslösen. Wer großen Mengen dieses Bakteriums mit der Nahrung zu sich nimmt, bekommt eventuell innerhalb eines Tages Durchfall und Bauchkrämpfe. Die Aufnahme der im Lebensmittel gebildeten hitzestabilen Gifte löst innerhalb weniger Stunden Übelkeit und Erbrechen aus. Später kann ein Durchfall hinzukommen.

Staphylokokken: Die Symptome kommen schnell

Staphylococcus aureus ist weit verbreitet und kommt bei bis zu 50 Prozent der Menschen natürlicherweise auf Haut und Schleimhäuten vor. Somit findet man die Erreger in allen Arten von Lebensmitteln, die mit Händen berührt oder über Husten und Niesen kontaminiert wurden. Besonders gut vermehrt sich das Bakterium in proteinreichem Essen wie aufgeschnittenem Braten, Kartoffelsalat, Pudding, Cremetorten und Ähnlichem, wenn diese nicht gekühlt werden.

Manche Stämme produzieren hitzestabile Gifte, sogenannte Enterotoxine. Kommen diese in der Nahrung vor, droht eine Lebensmittelvergiftung mit typischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall. Meist treten diese sehr schnell auf - schon eine halbe bis acht Stunden nach Verzehr der vergifteten Nahrung. In den meisten Fällen hören die Beschwerden nach ein bis zwei Tagen von selbst auf.

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