Hormone:Oxytocin lindert Stress-Symptome

Alleinerziehende sind in NRW vor allem Frauen

Vor allem alleinerziehende Mütter wie Theresa H. sind von Armut betroffen.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Ein einfaches Nasenspray mit dem "Kuschelhormon" Oxytocin könnte selbst bei einem Posttraumatischen Stress-Syndrom (PTSD) helfen.

Von Werner Bartens

Wer Schlimmes erlebt hat, kommt oft lange nicht davon los. Über Jahre können Unruhe, Angst, emotionale Taubheit und Vermeidungsverhalten die Folge sein und zum posttraumatischen Stress-Syndrom (PTSD) beitragen. Ärzte vom Klinikum der Technischen Universität München und des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie zeigen nun im Fachmagazin BMC Medicine (online), dass das Hormon Oxytocin die Symptome lindern und möglicherweise die Behandlung ergänzen kann.

Das Team um den Traumaforscher Martin Sack hatte traumatisierten Frauen im Alter von durchschnittlich 40 Jahren entweder Oxytocin per Nasenspray oder ein Scheinpräparat gegeben. Nach zweiwöchiger Behandlung ließen die typischen PTSD-Symptome nach, besonders das Vermeidungsverhalten war nicht mehr so stark ausgeprägt. Zusätzlich erfassten die Forscher verschiedene Parameter der Herzaktion. Dabei zeigte sich, dass sich die Variabilität des Herzschlags und andere Funktionen verbesserten. Diese Veränderungen sprechen dafür, dass die körpereigene Stress-Regulation wieder besser funktioniert und die autonome Steuerung der kardialen Erregung nicht mehr so stark aktiviert ist wie zuvor unter der starken emotionalen Belastung.

"Wir zeigen erstmals, dass Oxytocin die Intensität der PTSD-Symptome bei Frauen vermindern kann", sagt Traumaexperte Martin Sack. "Das könnte eine neue Therapie-Option sein in Ergänzung zur Psychotherapie." Bisher galt Oxytocin als populäres Kuschel- und Bindungshormon, das nicht nur den Milcheinschuss nach der Geburt begünstigt, sondern auch die Verbundenheit von Mutter und Kind stärkt. In zahlreichen Experimenten wurde gezeigt, dass Oxytocin per Nasenspray auch Treueschwüre festigt, das Vertrauen gegenüber anderen erhöht und Menschen dazu anregt, Fremden Geld zu leihen oder sich ihnen anzuvertrauen.

Das Mittel soll die Psychotherapie keinesfalls ersetzen, sondern um eine Option erweitern

"Das alles sind spannende Erkenntnisse, aber wenn mit Oxytocin Beschwerden nach einer Traumatisierung gelindert werden können, ist das ein anderes Kaliber und sehr vielversprechend", sagt Peter Henningsen, Chef der Klinik für Psychosomatik an der TU München. "Es geht ja nicht darum, die Psychotherapie zu ersetzen, sondern sie eventuell um diese Behandlungsoption zu ergänzen."

Bisher gestaltet sich die Behandlung einer PTSD zumeist als langwierig und schwierig. Verschiedene Medikamente wie Naloxon und diverse Antidepressiva werden mit wechselndem Erfolg ausprobiert, aber eine stabil wirksame medikamentöse Standardtherapie gibt es nicht. Patienten geht es meistens besser, wenn sie sich im Rahmen einer Psychotherapie mit der traumatisierenden Erfahrung auseinandersetzen und sich dabei sicher geborgen fühlen. Spezifische Traumatherapien wie EMDR können auch helfen. Dabei wird versucht, mithilfe beruhigender Augenbewegungen oder anderer Bewegungsmuster das Stressniveau während der Konfrontation mit dem Trauma zu senken. Ergänzend könnte die Oxytocinbehandlung Erleichterung ermöglichen.

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