Hirnschäden bei Profisportlern:Der Kopf verzeiht nicht

"Irgendwann sind die Nervenzellen überstrapaziert wie ein poröses Gummi und funktionieren nicht mehr": Football-Spieler erkranken häufiger an Alzheimer oder dem Nervenleiden ALS. Aber auch Eishockey- und Fußballspieler sind gefährdet - und unterschätzen das Risiko.

Werner Bartens

Das Risiko für Hirnschäden ist in Sportarten mit hartem Körperkontakt erhöht. In den vergangenen Jahren häuften sich in der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL Zwischenfälle, in denen Kufen-Cracks schwere Gesundheitsfolgen davontrugen.

Kopfbälle erhöhen das Risiko für Hirnschäden.

Augen zu und durch: Der Fürther Felix Klaus beim Kopfball-Duell. Kopfbälle erhöhen das Risiko für Hirnschäden.

(Foto: dpa)

Kanadas Eishockey-Star Eric Lindros klagte nach etlichen Gehirnerschütterungen über starke Leistungseinbußen in den letzten Jahren seiner Karriere. Vergangenes Jahr musste der 25-jährige Sid Crosby fast komplett pausieren, nachdem er mehrere Gehirnerschütterungen erlitten hatte.

Nun zeigt eine Langzeit-Analyse im Fachmagazin Neurology (online), dass auch Football-Spieler ein erhöhtes Risiko haben, an Alzheimer oder dem Nervenleiden Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) zu erkranken und zu sterben.

Das amerikanische Ärzteteam um Everett Lehman aus Cincinnati hatte für die Studie fast 3500 ehemalige Spieler untersucht, die zwischen 1959 bis 1988 in der Profiliga NFL aktiv waren. Unter den früheren Football-Profis waren Nervenerkrankungen häufiger die Todesursache als in der Normalbevölkerung.

"Die wiederholten traumatischen Hirnschädigungen sind wohl der wahre Grund für diese Todesfälle", sagt Lehman. "Die Symptome bei Alzheimer und ALS können ja ähnlich sein wie nach mehrfachen Gehirnerschütterungen."

Seit Jahren fordern Ärzte mehr Schutz für Athleten, die Kontaktsportarten betreiben. "Bei den Erschütterungen werden feinste Nervenbahnen überdehnt", sagt Florian Heinen, Experte für Gehirnentwicklung an der LMU München. "Irgendwann sind die Nervenzellen überstrapaziert wie ein poröses Gummi und funktionieren nicht mehr."

Auch Fußball kann gefährlich für das Gehirn sein: Ärzte erkennen zunehmend, dass die häufigen Erschütterungen beim Kopfball langfristig schaden. Entsprechende internationale Empfehlungen für die Fußballligen, wonach Spieler kognitive Tests absolvieren und auf Anzeichen für Hirnschäden untersucht werden sollen, finden jedoch kaum Beachtung.

Eine aktuelle Analyse im Fachmagazin British Journal of Sports Medicine (online) zeigt, dass 28 Prozent der britischen Fußballvereine noch nie von den 2001 verabschiedeten - und mehrfach aktualisierten - Regeln gehört haben. Sogar in der Premier League halten sich weniger als die Hälfte der Vereine an die Richtlinie, ihre Spieler routinemäßig auf etwaige Symptome für Hirnschäden zu testen.

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