Häufigkeit von chirurgischen Eingriffen in Deutschland:Wahrscheinlichkeit einer Operation hängt vom Wohnort ab

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Mandeln rausnehmen oder abwarten? Die Entscheidung hängt wesentlich davon ab, in welcher Region Deutschlands der Patient wohnt. Ob Eingriffe im Rachen, Kaiserschnitte oder Gebärmutterentfernungen: In einigen Landkreisen wird seit Jahren deutlich mehr operiert als in anderen.

  • Wie häufig Ärzte zum Skalpell greifen, schwankt von Region zu Region enorm.
  • Einige Landkreise fallen seit Jahren durch hohe OP-Raten auf.
  • OECD vermutet Qualitäts-, Effizienz- und Gerechtigkeitsprobleme hinter den Unterschieden.

Enorme Unterschiede bei Mandel-OPs

Kindern werden in manchen Regionen Deutschlands achtmal häufiger die Mandeln herausgenommen als anderswo. Von 402 deutschen Städten und Kreisen weichen 137 um mehr als 30 Prozent vom Bundesdurchschnitt ab, ergab eine am Freitag veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung. Auch beim Einsatz künstlicher Kniegelenke, bei Kaiserschnitten oder Gebärmutterentfernungen unterscheidet sich die Operationshäufigkeit zwischen den Regionen um das Zwei- bis Dreifache.

Wo am häufigsten zum Skalpell gegriffen wird

Besonders häufig operiert wird in Kitzingen, Neustadt an der Waldnaab und Weiden in Bayern, Leer und Cloppenburg in Niedersachsen sowie Landau und Birkenfeld in Rheinland-Pfalz. Dabei handelt es sich nicht um Momentaufnahmen: Die Bertelsmann-Stiftung erhebt die OP-Raten seit 2007. Es sind im Wesentlichen immer dieselben Regionen, in denen die Eingriffe besonders häufig vorkommen.

Unterschiede sind medizinisch nicht erklärbar

Die schwankenden OP-Raten sind der Stiftung zufolge nicht medizinisch begründbar. Auch demographische Faktoren - etwa dass in bestimmten Regionen mehr ältere Menschen wohnen - könnten die Unterschiede nicht erklären. Vielmehr seien regionale Unterschiede ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Gesundheitsversorgung nicht immer dem Bedarf der Bevölkerung entspricht. "Große regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung sind ein klares Zeichen für Qualitäts-, Effizienz- und Gerechtigkeitsprobleme", sagte OECD-Direktor Mark Pearson. Die OECD hat eine ähnliche Studie vorgenommen und will sie in Kürze gemeinsam mit der Bertelsmann-Stiftung vorstellen.

Beide Institutionen empfehlen dringend, die auffälligen Regionen zu untersuchen. Entscheidungen für oder gegen eine Operation dürften nicht eine Frage der Angebotskapazität oder von Gewohnheiten der ortsansässigen Ärzte sein.

© Süddeutsche.de/dpa/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Wo am häufigsten operiert wird

In manchen Regionen Deutschlands wird wesentlich mehr operiert als in anderen. Die Berteslmann-Stiftung hat die Daten zusammengestellt.

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