Globale Gesundheit:Erstmals führt ein Afrikaner die WHO

Globale Gesundheit: Der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesus löst Margaret Chan an der Spitze der WHO ab.

Der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesus löst Margaret Chan an der Spitze der WHO ab.

(Foto: AP)
  • Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat einen neuen Generaldirektor gewählt.
  • Im dritten Wahlgang setzte sich der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesus durch.
  • Er tritt das Amt am 1. Juli für zunächst fünf Jahre an.

Von Berit Uhlmann

Am Ende wurde es ein wenig unappetitlich. Kurz bevor die Weltgesundheitsorganisation WHO ihren neuen Generaldirektor wählte, stritten zwei Kandidatenlager darüber, ob "wässriger Durchfall" eine adäquate Bezeichnung für "Cholera" ist. Dahinter stand der Vorwurf, der Kandidat Tedros Adhanom Ghebreyesus habe als Gesundheitsminister in Äthiopien gefährliche Cholera-Ausbrüche verschleiert, indem er in den Meldungen an die WHO lediglich von Durchfallerkrankungen sprach. Unterstützung bekam der Äthiopier vom ehemaligen Leiter der US-Seuchenschutzbehörde CDC, Tom Frieden. Er befand, dass solch unspezifische Meldungen weit verbreitet seien, da nicht immer Laboranalysen zur Verfügung stünden, um die genaue Ursache einer Erkrankung bestimmen zu können. Der Vorwurf war gleichwohl unangenehm: Die WHO steckt in einer Vertrauenskrise; ein Direktor über dem der Verdacht der Intransparenz schwebt, verkompliziert die Lage.

Trotzdem stimmte die Mehrheit der 194 Mitgliedstaaten für den 52-jährigen Äthiopier, der sich selbst Dr. Tedros nennt. Das klingt ein wenig nach Landarzt, tatsächlich aber ist Dr. Tedros Biologe mit einem Master in Immunologie und einer Promotion in "Community Health", die er an der Universität Nottingham ablegte, bevor er in die Politik seines Heimatlandes ging.

Dort war er zuletzt Außenminister, davor - von 2005 bis 2012 - Gesundheitsminister. In diesem Amt erlangte er internationale Anerkennung, als er das Gesundheitssystem des Staates massiv ausbaute. Er schuf 3500 neue medizinische Zentren und stockte das Personal um das Siebenfache auf. Zusätzlich ließ er 40 000 Helferinnen ausbilden, die in ländlichen Regionen Basisversorgung und Beratung anbieten. Er engagierte sich zugleich in den internationalen Programmen zur Eindämmung von Infektionskrankheiten wie Aids und Malaria. Bill Clinton lobte ihn als "einen der fähigsten Politiker, mit denen ich je gearbeitet habe".

Kritiker dagegen führen nicht nur die Cholera-Geschichte an, sondern verweisen auch darauf, dass Tedros als Außenminister die Tabakindustrie zu mehr Investitionen in seinem Land ermutigt haben soll. Human Rights Watch wirft der äthiopischen Regierung, der Tedros angehörte, vor, Tausende Menschen vertrieben und Hunderte Oppositionelle getötet zu haben. Einen Tag vor der Wahl protestierten Exil-Äthiopier in Genf gegen den Politiker. Sie nannten ihn einen "Agenten eines Unterdrückerregimes".

Dass das alles am Ende nicht ins Gewicht fiel, ist wohl dem Fakt zu verdanken, dass ein ganzer Kontinent massiv für Dr. Tedros warb. Afrika hat noch nie einen WHO-Generaldirektor gestellt, die Wahl des Äthiopiers bedeutet eine Aufwertung des Erdteils und könnte die Hilfe für dessen arme Regionen verbessern.

Allerdings hat es der Afrikaner nicht nur mit den Krisen seiner Heimat zu tun. Vor ihm liegt die Aufgabe, die unterfinanzierte und bürokratische WHO einer Generalüberholung zu unterziehen. Tatsächlich hatte der Vater von fünf Kindern im Vorfeld der Wahl gesagt, ein "business as usual" könne sich die Organisation nicht mehr leisten. Eines seiner wichtigsten Vorhaben sei daher, die WHO "in eine effektivere, transparente und zuverlässige Agentur zu verwandeln". Dafür hat er zunächst fünf Jahre Zeit. Dann steht die nächste Wahlperiode an.

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