Gesundheits-Apps:Es hapert an der Qualität

Fitness-Apps

Die Fitness-App soll zu mehr Bewegung animieren: eine von etwa 100 000 Anwendungen, die sich an Gesundheitsbewusste wenden.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Etwa 100 000 Apps beschäftigen sich mit Gesundheits- oder Medizinthemen. Doch laut einer Kassenstudie fehlt es vielen an Qualität und Transparenz.
  • Die Experten monieren vorallem, dass Datenmissbrauch nicht bei allen Smartphone-Programmen ausgeschlossen ist.

Von Guido Bohsem

Das Smartphone zählt die Schritte, rechnet Kalorien aus, erinnert an Vorsorgeuntersuchungen. Man kann damit seinen Puls kontrollieren, die Steigungen seiner Jogging-Strecke vermessen. Wer einen Schnupfen kommen fühlt, kann online suchen, ob er womöglich Opfer einer Grippewelle geworden ist. Die Gesundheits-Apps sind allgegenwärtig, Krankheit ist im Netz ein gigantisch großes Thema.

Nach einer Studie der Universitätsklinik Freiburg und der Bewertungsplattform Healthon befassen sich derzeit etwa 65 642 Apps mit den Themen Gesundheit und Fitness sowie 41 152 Apps mit Medizinthemen.

Zugleich wächst die Nachfrage nach den Angeboten, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) ergeben hat. Immer mehr Menschen suchen zunächst im Internet Rat, wenn es um Fragen zu Krankheit, Gesundheit oder Vorsorge geht. 71 Prozent der Befragten gaben an, sich meistens oder sogar ausschließlich auf Informationen aus dem Netz zu verlassen. Insgesamt 400 000 Versicherte hätten im vergangenen Jahres eines der Online-Angebote der TK im Internet genutzt, sagte der Vorstandschef der Kasse, Jens Baas: "Die Zahlen zeigen, dass wir es beim Thema Digitale Gesundheit nicht mit einer Modeerscheinung zu tun haben".

Betreiber könnten es vor allem auf das Datensammeln absehen

Allerdings müssten die Nutzer mit einigen Unsicherheiten leben. So gebe es nur selten eine Kontrollmöglichkeit darüber, ob die angebotenen Informationen tatsächlich korrekt seien oder aus unabhängigen Quellen stammten, heißt es in der Studie der Uni Freiburg. Zudem bestehe auch stets das Risiko, dass die Betreiber der Anwendung vor allem daran interessiert seien, die anfallenden Daten der Nutzer zu erfassen. Ein Sicherheitskriterium sei daher immer die Frage, ob die Daten vor einem unerlaubten Zugriff geschützt seien. "Wenn der App eine Datenschutzerklärung fehlt, oder nicht klar ist, wie sich diese finanziert, ist man sicher gut beraten, nach einer Alternative zu schauen", sagte Ursula Kramer, eine Mitautorin der Untersuchung.

Laut Untersuchung der Uni Freiburg finden sich bei den wenigsten Apps Angaben darüber, woher sie ihre Informationen bezögen. Eine solchen Hinweis lieferten nur etwa 25 Prozent der angebotenen Vorsorge- oder Impf-Apps, bei den Anwendungen für Diabetes geschehe dies nur bei vier Prozent.

Ein wenig besser sieht es bei Datenschutzhinweisen aus. Hier erfüllen zwar 60 Prozent der Impf- und Vorsorge-Apps die notwendigen Auflagen. Doch bei den Entspannungs-Apps liegt dieser Wert nur bei vier Prozent, bei den Anwendungen für Raucher bei sieben und bei denen für Diabetes-Patienten bei vier Prozent. "Die Studie zeigt, dass die meisten Apps auf dem Markt entweder für die Nutzer keinen richtigen Mehrwert haben, nicht nachhaltig angelegt sind dahinter ein rein kommerzielles Interesse steckt", sagte Baas.

Baas rief dennoch dazu auf, die digitale Versorgung massiv voranzutreiben. Allerdings entwickle sich die Technik deutlich rasanter als die Gesetzgebung. Das sei bei der Gesundheit nicht anders als beim automatischen Fahren, das von Google in den USA vorangetrieben werde, und wofür hierzulande der rechtliche Rahmen fehle. Es sei Zeit für einen kritischen Dialog über die Chancen und Risiken der Digitalisierung des Gesundheitswesens, forderte der TK-Chef.

Insbesondere müsse ein Weg gefunden werden, wie die Verbraucher die neuen Funktionen nutzen könnten und gleichzeitig vor Datenmissbrauch geschützt seien. "Der Schutz der Sozialdaten ist extrem wichtig." Das derzeit im Bundestag beratene E-Health-Gesetz sei dazu nur ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Jeder dritte kann sich laut Forsa-Umfrage inzwischen vorstellen, seine über das Smartphone gesammelten Daten an seine Krankenkasse weiterzugeben, wenn dahinter ein erkennbarer Nutzen stecke. Zugleich hätten sich aber auch 41 Prozent entschieden dagegen ausgesprochen. Nach Baas Worten müsse man auf diese unterschiedlichen Einstellungen eingehen. "Es geht nicht darum, eine Lösung passend für alle zu finden." Seiner Kasse gehe es um eine freiwillige Teilnahme und Nutzung etwa der Apps, die man selbst anbiete.

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