Fasten:Vom Humbug des Hungerns

Wasser und Brot

Kurzfristige Fastenkuren taugen nicht zum Abnehmen. Allenfalls als Einstieg in eine gesündere Ernährung sind sie zu empfehlen.

(Foto: dpa)

Ärzte zweifeln am Erfolg von Hungerkuren - und warnen vor Nebenwirkungen: Bestenfalls tritt nur der Jo-Jo-Effekt auf, in schlimmeren Fällen drohen Muskelabbau, Stress und Depressionen.

Von Christina Berndt

Trotz des Hochgefühls, das sich zwischendurch einstellte: Drei Wochen nach den Selbstversuchen ist das Fazit der Fastenden zwiespältig. Die SZ-Redaktion hatte verschiedene Methoden ausprobiert; zwei der drei Darbenden bekamen direkt im Anschluss an ihre Fastenzeit eine Erkältung. Und die Pfunde, die sie abgenommen hatten, haben sie zum größten Teil wieder zugelegt.

Jo-Jo-Effekt also und geschwächtes Immunsystem - das sind zwei Ergebnisse des Fastens, die auch wissenschaftlich belegt sind. Hat das Fasten da überhaupt einen Sinn? Ja, meint die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Immerhin leben Menschen nach einer selbstverordneten Hungerkur doch oftmals bewusster, sie ernähren sich besser und pflegen einen gesünderen Lebensstil. Auch trainiert man zweifelsohne seine Selbstdisziplin.

Zum Abnehmen aber taugt das Fasten nicht. Es sei "keine Maßnahme zur Gewichtsreduktion", betont die DGE. Wissenschaftler weisen zudem auf mögliche gefährliche Folgen hin. Jede extreme Form des Fastens führe zu einem Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen oder anderen Nährstoffen.

Mitunter löse das Fasten neben Schwindel, Schlafstörungen, Konzentrationsmangel, Übersäuerung, Kopfschmerzen oder Gichtanfällen sogar Depressionen aus, warnt Hans Hauner, Leiter des Lehrstuhls für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München. Durch die gekappte Nährstoffzufuhr wird der Körper in einen Ausnahmezustand versetzt. Auch das Stresshormon Adrenalin wird in größeren Mengen ausgeschüttet.

Klar untersagt ist das Fasten ohnehin bei chronischen Leiden, Krankheiten der Leber und der Nieren, in der Schwangerschaft und in der Stillzeit. "Und es kann älteren Menschen sehr gefährlich werden", sagt Andreas Pfeiffer, Ernährungsmediziner an der Berliner Charité: "Sie werden dadurch zu schwach." Denn bevor der hungernde Körper beginnt, seine Fettreserven anzugreifen - etwa vom dritten Tag an -, baut er Muskelmasse ab. Ein Großteil der nach einer Woche verlorenen Kilos geht daher auf den Verlust von Wasser und Muskeln zurück. Auch deshalb kehren die Pfunde schnell zurück.

Die Mär von den Schlacken

Aber tut das Entgiften dem Körper nicht auch gut? "Entgiften" ist wie "Entschlacken" eine schöne Vorstellung, die Ernährungsforscher aber eher belustigt: "Das klingt, als gäbe es im Körper lauter Giftmülldeponien und Schmutzwasserpfützen", sagt Helmut Oberritter, wissenschaftlicher Leiter bei der DGE. Tatsächlich scheide der Körper die unnützen Stoffe aus der Nahrung regelmäßig aus, giftige Stoffwechselprodukte würden nicht angehäuft.

Allein wenn mit dem Fasten lediglich "weniger essen" gemeint ist, kommt ihm medizinisch eine Bedeutung zu - nämlich als Maßnahme gegen Übergewicht. Dann verordnen Ärzte aber keine Nulldiät, sondern eine "hypokalorische Diät" - also eine Ernährung mit möglichst wenig Kalorien, aber allen wichtigen Nährstoffen.

Empfohlen werden etwa 800 Kilokalorien pro Tag. Der so Fastende verliere nicht nur Gewicht, sagt Andreas Pfeiffer, er verbessere auch seinen Blutzucker- und Cholesterinspiegel. Um das gesunkene Gewicht zu halten, muss er allerdings langfristig etwas weniger essen als zuvor. Dabei geht es nur um 50 Kilokalorien pro Tag, also ein bis zwei Kekse. "Trotzdem muss man dafür ein klares Konzept verfolgen und kämpfen", sagt Pfeiffer.

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