Evolution:Besser ohne Schwiegermutter

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Oma und Enkel: Spielen ja, zusammen wohnen nein.

(Foto: imago)

Leben die Großeltern nicht mit im Haus, werden laut einer Studie mehr Kinder geboren.

Während der menschlichen Evolution haben Großmütter wahrscheinlich eine wichtige Rolle gespielt. Sie halfen mit, die Kinder ihrer Töchter zu versorgen. Dadurch konnten junge Mütter schneller erneut schwanger werden, was das Wachstum der Menschheit beschleunigte. Österreichische Anthropologen haben nun untersucht, ob auch in heutigen Gesellschaften ein positiver Effekt von Großmüttern auf die Fruchtbarkeit ihrer Töchter oder Schwiegertöchter nachweisbar ist. Aus internationalen Bevölkerungsdaten lässt sich das Gegenteil schließen: Die Kinderzahl von Frauen, die nicht mit Mutter oder Schwiegermutter zusammenlebten, ist höher als in einem Haushalt mit drei Generationen, berichten die Forscher im Fachblatt Royal Society Open Science. Heute sind wohl Einkommen und gesellschaftliche Stellung des Elternpaares ausschlaggebend dafür, ob die Großmutter mit im Haus ist oder nicht.

"Die Gegenwart der Mutter oder Schwiegermutter in der Wohngemeinschaft scheint eine negative Wirkung auf die Fruchtbarkeit einer Ehefrau zu haben", sagt Martin Fieder von der Universität Wien. Zwar ist die Frau bei ihrer ersten erfolgreichen Schwangerschaft im Schnitt jünger, wenn das Paar mit der Mutter des Mannes oder der Frau zusammenlebt, doch bleibt die Kinderzahl insgesamt geringer als in Familien ohne Oma.

Auch andere soziale Faktoren spielen eine Rolle für die Anzahl der Kinder

Die Forscher analysierten Daten nationaler Befragungen aus den vergangenen 40 Jahren mit insgesamt zwei Millionen Frauen, die zwischen 15 und 34 Jahre alt waren und mit ihrem Ehemann zusammenlebten. Unter den 14 Ländern waren überproportional viele Entwicklungsländer, westeuropäische Staaten fehlten.

In den meisten Staaten bildeten 70 bis 97 Prozent der Paare keine Wohngemeinschaft mit einer der Mütter. Dass beide Mütter in der Wohnung des Paares lebten, kam so selten vor, dass diese Fälle von der Auswertung ausgeschlossen wurden. Dass die Mutter des Ehemanns mit in der Familie lebte, kam zwischen 1,5 Prozent der Befragten (USA) und 20,5 Prozent (Rumänien) vor. Noch seltener war die Wohngemeinschaft mit der Mutter der Ehefrau, wofür sich Werte von 0,8 Prozent in Malawi bis 17,2 Prozent in Thailand ergaben.

"Die Tatsache, dass heute weltweit die meisten Familien ohne Großmutter im Haus leben, scheint keine negativen Effekte auf die Vermehrungsraten zu haben", so die Forscher. Diese bevorzugte Form des Zusammenlebens sei wohl das Ergebnis sozialer und ökonomischer Entwicklungen. Womöglich holen Elternpaare, die in ärmlichen Verhältnissen leben, eher Großmütter zu sich. Deren vergleichsweise geringe Kinderzahl wäre eine Folge der schlechten Lebensbedingungen und hätte nichts mit der Oma zu tun. Aus anderen Studien ist bekannt, dass Arbeitslosigkeit und geringe soziale Stellung des Mannes mit einer geringeren Kinderzahl verbunden sind.

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