Ernährung:Rot macht Appetit

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Rot signalisiert dem Gehirn einen hohen Energiegehalt.

(Foto: AFP)

Von wegen Warnfarbe: Rote Lebensmittel machen Lust aufs Essen. Forscher haben nicht nur die Ursachen gefunden, sondern auch Ideen, wie sich die Erkenntnis nutzen lässt.

Von Werner Bartens

Rot, also der Lichtreiz oberhalb von 600 Nanometern Wellenlänge, ist eine bevorzugte Farbe im und am Körper und kommt auch in der Natur häufig vor. Während viele Säugetiere Rot jedoch nicht gut wahrnehmen können, ist es für den Menschen wohl die Signalfarbe schlechthin, die als Alarmzeichen, Warnhinweis wie auch als erotisches Lockmittel fungiert. Forscher aus Italien haben deshalb untersucht, wie sehr Rot auch als Code für unsere Nahrungsauswahl dient und darüber bestimmt, was auf dem Speiseplan steht.

Im Fachmagazin Scientific Reports (online) zeigen Neurowissenschaftler um Raffaella Rumiati, dass eine intensive rote Farbe besonders den Appetit anregt und das Gehirn auf einen hohen Energiegehalt und erhebliche Kalorienmengen hinweist. In früheren Studien wurde die Farbe Rot besonders mit dem Geschmack und dem Geruch in Verbindung gebracht. Den Forschern aus Triest zufolge ist jedoch der zu erwartende Grad der Sättigung viel wichtiger bei der Vorliebe für Rot.

"Unser Auge hat sich vermutlich so entwickelt, dass es schnell nahrhafte Früchte vom Grünzeug des Dschungels unterscheiden konnte", sagt Rumiati. "Wir sind deshalb auch besonders effizient darin, die Farben Rot und Grün auseinanderzuhalten."

In natürlichen Lebensmitteln sagt die Farbe viel über den Kaloriengehalt aus. "Je rötlicher ein unverarbeitetes Lebensmittel aussieht, desto nahrhafter ist es zumeist", sagt Francesco Foroni, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. "Grüne Nahrungsmittel enthalten hingegen tendenziell weniger Kalorien."

Das Auge und die Verarbeitung von Seheindrücken im Gehirn sind auf diese Hierarchie eingestellt, weswegen die Probanden in der aktuellen Studie den Kaloriengehalt von roten Lebensmitteln fast durchweg höher einschätzten, während grüne Erzeugnisse als weniger reichhaltig angesehen wurden.

"Diese Beurteilung gilt aber auch für vorgekochte, bearbeitete Lebensmittel und Konserven, bei denen die Farbe kaum noch aussagekräftig für den Kaloriengehalt ist", sagt Giulio Pergola von der Universität Bari. "Das kann man in der Behandlung von Essstörungen oder beim Kampf gegen Übergewicht nutzen."

Um Menschen davon zu überzeugen, sich gesünder zu ernähren und weniger kalorienreiche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, diskutieren die italienischen Forscher einen Trick: Wenn kalorienarme Lebensmittel rot wären, wozu vielleicht mit Lebensmittelfarbe nachgeholfen werden müsste, würden sie populärer werden und zu einer ausgewogeneren Ernährung beitragen.

In früheren Studien hatte sich gezeigt, dass Frauen bei Sehtests besonders gut abschneiden, wenn es darum geht, Farbnuancen von Rot zu unterscheiden, während Männer besser kleine Veränderungen wahrnahmen. Erklärt wurden diese Unterschiede aus evolutionsbiologischer Sicht damit, dass es für die weiblichen Urmenschen besonders wichtig war, die Reife von Früchten zu beurteilen und zu sehen, wenn Fleisch oder anderen Lebensmitteln Fäulnis drohte. Der Mann musste hingegen blitzschnell eine mögliche Beute erkennen und auf der Hut sein, wenn er angegriffen wurde. Bezogen auf die heutige Jagd im Supermarkt könnten diese Muster erklären, warum er beim Einkauf immer mal wieder das Falsche mitbringt - und sie ihm bei der Nahrungszubereitung meist deutlich überlegen ist.

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