Ernährung, Infarkt und Krebs:Folgen der Fleischeslust

Harvard-Mediziner warnen: Wer täglich rotes Fleisch, Wurst oder Schinken isst, verkürzt seine Lebenserwartung deutlich. Fleischmahlzeiten erhöhen das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und verschiedene Krebsleiden.

Werner Bartens

Wer bei den für Ende der Woche angekündigten frühlingshaften Temperaturen die Grillsaison eröffnen und ein paar Steaks auf den Rost legen will, dem könnte der Appetit vergehen. Zumindest wenn Rind, Schwein oder Lamm auf den Teller kommen und nicht Fisch, Geflügel oder diese Gemüsestreifen, die immer auf dem Rost hängenbleiben. Schließlich warnen Harvard-Wissenschaftler vor den gefährlichen Folgen von ausgiebigem Fleischgenuss.

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Wenn Fleisch stark erhitzt wird, können sich krebserregende Stoffe bilden.

(Foto: Getty Images)

Wer sich täglich ein Hauptgericht mit rotem Fleisch oder Wurst und Schinken einverleibt, so die Forscher im Fachblatt Archives of Internal Medicine von diesem Dienstag, verkürzt seine Lebenserwartung und hat ein erhöhtes Risiko für Infarkt, Schlaganfall, Diabetes und diverse Krebsleiden.

"Regelmäßiger Fleischkonsum trägt erheblich zum vorzeitigen Ableben bei", sagt Harvard-Ernährungswissenschaftler Frank Hu. "Wer sich hingegen für gesündere Eiweißquellen entscheidet, hat gleich mehrere Vorteile davon und ist weniger gefährdet, chronisch krank zu werden oder gar früh zu sterben."

Das Team aus Ärzten, Epidemiologen und Ernährungsexperten greift auf eine beeindruckende Datenbasis zurück, um seine Warnung zu untermauern. Die Forscher haben mehr als 37.000 Männer und 83.000 Frauen seit den 1980er Jahren beobachtet und immer wieder ihr Alltagsverhalten und ihre Ernährung analysiert.

Nach durchschnittlich fast 30 Jahren zeigte sich, dass die Sterblichkeit der Studienteilnehmer um 13 Prozent erhöht war, wenn sie täglich eine Hauptmahlzeit Fleisch zu sich nahmen - und sogar um 20 Prozent anstieg, wenn sie jeden Tag Wurst, Schinken oder zu Aufschnitt verarbeitetes Fleisch aßen.

Dass Infarkt, Schlaganfall, Gefäßverkalkung und Bluthochdruck häufiger bei Menschen auftreten, die oft und viel Fleisch essen, erklären Ärzte mit der vermehrten Aufnahme gesättigter Fettsäuren, aber auch mit einer erhöhten Zufuhr von Eisen und Salz durch tierische Nahrungsmittel. Um verarbeitetes Fleisch und Wurstwaren haltbar zu machen, werden Nitrite verwendet. Diese erhöhen das Diabetes-Risiko und beeinträchtigen zudem die Elastizität der Blutgefäße; beides trägt ebenfalls zur erhöhten Herzkreislaufgefahr bei.

"Es geht nicht um alles oder nichts"

Fleischfreunde erkranken zudem öfter an Krebs, besonders ihr Risiko für Dickdarmkrebs ist erhöht. Nobelpreisträger Harald zur Hausen vermutet Viren im rohen Fleisch als Ursache. Die meisten Forscher führen die Tumorgefahr allerdings auf den Gehalt schädlicher Nitrosamine und polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe zurück, die sich vermehrt bilden, wenn Fleisch oder Wurst stark erhitzt werden. "Unsere Studie zeigt, dass verarbeitetes Fleisch besonders gefährlich ist", sagt Harvard-Forscher Hu.

Immerhin gibt es Hoffnung, ohne dass man gleich zum Vegetarier werden muss. Wird Fleisch auf dem Speiseplan gelegentlich durch Fisch, Geflügel, Nüsse, Gemüse oder Vollkorn ersetzt und die Menge des Fleischkonsums nur halbiert, hätten sich 9,3 Prozent der Todesfälle bei Männern und 7,6 Prozent bei Frauen während der nahezu 30-jährigen Studiendauer verhindern lassen.

"Es geht nicht um alles oder nichts", sagt Ernährungsexperte Dean Ornish. "Wir haben die Wahl - zudem gilt: Was dauerhaft gut für uns ist, ist auch gut für den Planeten." Eine stärker auf Pflanzen basierende Nahrung sei nicht nur gesünder. Der Anbau von Obst und Gemüse spare im Vergleich zur Produktion von Fleisch auch Wasser, Energie und schone das Klima.

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