Ebola-Kranke in Deutschland:"Maximal zehn Patienten gleichzeitig"

A combination of pictures shows fire brigade paramedic being assisted while putting on a sealed protective suit during a drill in Frankfurt

Sanitäter - wie hier in Frankfurt - üben seit Wochen den Ebola-Ernstfall. Das Anlegen der Schutzanzüge wird überwacht. Denn jeder Fehler kann fatal sein.

(Foto: REUTERS)

Blutproben werden unter Polizeischutz transportiert, Schutzkleidung steht bereit: In Deutschland gibt es präzise Vorschriften für den Umgang mit Ebola-Patienten. Doch die Kapazitäten sind gering. Wie gut Deutschland für den Ernstfall gerüstet ist.

Von Hanno Charisius und Marlene Weiß

Die Standards sind hoch - und dennoch ging einiges schief. Noch immer ist unklar, wie sich in den USA zwei Krankenschwestern bei der Pflege eines Ebola-Kranken infizieren konnten - trotz Schutzkleidung und Sicherheitsvorkehrungen. Kann dies auch in der Bundesrepublik passieren?

In Deutschland, so sagen Experten, sei eine Ansteckung des Pflegepersonals extrem unwahrscheinlich. Das Infektionsschutzgesetz schreibt Krankenhäusern vor, Hygienepläne zu erstellen, die greifen sollen, wenn ein Patient mit einer hochinfektiösen Krankheit in der Notaufnahme auftaucht. Solche Pläne schützen aber nicht vor Unfällen oder Unachtsamkeiten, wie sich in den USA gezeigt hat. So hatte der Patient in Dallas bei einem ersten Besuch im Krankenhaus angegeben, aus Liberia eingereist zu sein. Das Personal versäumte es jedoch, diese Information an die Kollegen weiterzugeben. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas auch hier passiert", sagt Thomas Löscher, Leiter des Tropeninstituts der Uniklinik München, "aber Unfälle können passieren. Es gibt keinen Grund, sich aufs hohe Ross zu setzen."

Die Regeln in Deutschland sehen vor, einen Patienten mit Ebola-typischen Symptomen zuerst zu fragen, ob er sich in den letzten Tagen in Ländern aufgehalten hat, in denen das Virus aktiv ist. Ist das der Fall, wird umgehend Schutzkleidung angelegt: Handschuhe, Einmal-Schutzkittel, Gummistiefel oder Überschuhe, Schutzbrille, Atemschutz. Das Personal soll das An- und Ausziehen regelmäßig üben. Desinfektionsmittel, die den Erreger abtöten, gehören zur Grundausstattung jeder Klinik.

Viele Krankenhäuser haben Quarantänezimmer, die mehr oder weniger gut vom restlichen Gebäude abgeschottet sind. Dorthin wird der Patient gebracht und vom Arzt weiter untersucht. Wichtig sei in dieser Phase nicht nur die medizinische Versorgung der Patienten, sondern auch die psychische Betreuung, sagt Löscher. "Sie haben Angst und sie werden in ihrer Freiheit eingeschränkt." Bleibt der Verdacht nach der Untersuchung bestehen, wird das nächstgelegene Kompetenzzentrum für hochansteckende und lebensbedrohliche Erkrankungen informiert, das der Gesundheitsbehörde des jeweiligen Bundeslandes unterstellt ist. Sieben gibt es davon in Deutschland (siehe Karte).

Ebola-Kranke in Deutschland: Sieben Zentren sind für die Behandlung von Ebolakranken gibt es in Deutschland.

Sieben Zentren sind für die Behandlung von Ebolakranken gibt es in Deutschland.

Insgesamt gibt es in Deutschland 54 Betten für bestätigte Ebola-Patienten - was aber nicht heißt, dass auch so viele versorgt werden können. "Für jeden Ebola-Patienten braucht man geschultes Personal und spezielle Ausrüstung; was passieren kann, wenn das fehlt, hat sich in Spanien und den USA gezeigt", sagt August Stich, Chefarzt an der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg und Sprecher des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren. "Wir könnten in Deutschland vielleicht zehn Patienten gleichzeitig behandeln, maximal."

Polizeischutz für Krankentransporte

Ebola-Kranke in Deutschland: Wie die Sonderisolierstationen aufgebaut sind.

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Ist das zuständige Kompetenzzentrum informiert, organisiert es den Transport des Patienten. Ein Spezialrettungswagen wird losgeschickt, um den Patienten in eines der sieben Behandlungszentren zu transportieren. Diese Wagen lassen sich einfacher reinigen und werden durch Filter belüftet. Drei Personen kommen mit dem Fahrzeug, sie alle tragen isolierende Schutzanzüge. Ein zweites Team in Schutzanzügen begleitet den Transport in einem gewöhnlichen Rettungswagen, um notfalls zu übernehmen. Der ganze Konvoi steht unter Polizeischutz.

Blutproben werden entweder auf der Sonderisolierstation analysiert oder von Spezialkurierdiensten nach Hamburg oder Marburg gebracht, wo es Labore gibt, die auf den Umgang mit extrem gefährlichen Krankheitserregern spezialisiert sind. Auch diese Transporte begleitet die Polizei. Die Gesundheitsbehörden haben dann die Aufgabe, sämtliche Kontaktpersonen des Patienten aufzuspüren und zu überwachen. Das können mitunter hundert oder mehr Menschen sein, "entsprechend müssen die Behörden aus verschiedenen Abteilungen Personal zusammenziehen, um diese Aufgabe so schnell wie möglich zu bewältigen", sagt Thomas Löscher.

Für Krankenhäuser ohne Isolierstation und entsprechend geschultes Personal sei es besonders wichtig, dass die Vorgehensweise im Verdachtsfall eindeutig vorgegeben wird, sagt Löscher. "Und das auch in einer sehr einfachen, klar verständlichen Sprache." In seinem Institut tauchen zurzeit regelmäßig Verdachtsfälle auf, bei denen aber meistens sehr schnell Malaria diagnostiziert werde.

Theoretisch scheint also alles gut geplant zu sein. Praktisch sieht es nicht ganz so gut aus. In den vergangenen Tagen haben sich mehrere Leserinnen und Leser bei der Süddeutschen Zeitung gemeldet, die erklärten, in Krankenhäusern zu arbeiten und sich nicht gut auf den Erstkontakt mit Ebola vorbereitet zu fühlen. Auf der Webseite der Bundesärztekammer gibt es bislang lediglich ein paar Links, die auf die Informationsseiten des Robert-Koch-Instituts verweisen. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat drei Links auf ihre Webseite gesetzt, die zu weiteren Informationen führen. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen schickt derzeit sämtlichen Mitgliedern Informationsbroschüren mit der Bitte, die Informationen an das gesamte Praxispersonal weiterzuleiten.

Wer glaubt, sich womöglich auf einer Reise in den letzten drei Wochen mit dem Erreger infiziert zu haben, sollte nicht zum Institut kommen, sondern dort anrufen, bittet das Tropeninstitut München. Sollte sich der Verdacht nicht bei einem Telefongespräch klären lassen, werde der Betroffene abgeholt.

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