Ebola-Epidemie:Furcht vor der Ansteckung Europas

Medical staff working with Medecins sans Frontieres prepare to bring food to patients kept in an isolation area at the MSF Ebola treatment centre in Kailahun

Medizinisches Personal in Sierra Leone kämpft gegen den schlimmsten Ebola-Ausbruch der Geschichte

(Foto: Tommy Trenchard/Reuters)

Das größte Risiko tragen Helfer vor Ort. Bisher hat es noch keinen Fall von Ebola in Deutschland gegeben. Doch ein einziges Flugzeug aus Afrika könnte das Virus bringen.

Von Christina Berndt

Ebola ist der blanke Horror. Es gibt keinen anderen Begriff, der diese Krankheit besser umschreibt. Sie ist so furchtbar, dass man leicht glauben könnte, ein Autor von Gruselschockern habe sie erfunden. Doch es ist umgekehrt: Hollywood nutzt diese Inszenierung der Natur besonders gerne für seine Zwecke und hält so die Angst vor der afrikanischen Seuche auch auf der Nordhalbkugel wach.

Winzige wurmförmige Viren ergreifen bei der Krankheit, die so harmlos nach einem Nebenfluss des Kongo heißt, von ihrem Opfer Besitz. In seinem Körper verursachen sie Verwüstung. Das Fieber steigt schnell in große Höhen, das Immunsystem bricht zusammen, das Blut stockt dem Kranken in den Adern, bis diese platzen und der Lebenssaft ins Innere austritt. Im Endstadium der Krankheit kommt das Blut dann aus allen Körperöffnungen. Doch bei Ebola sind nicht nur der schnelle Verlauf und der Anblick der Kranken beängstigend. Die Krankheit ist noch dazu hochansteckend - und extrem tödlich. Einzelne Ebola-Stämme wie das gefürchtete Zaire-Virus bringen ihren Wirt mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 90 Prozent um. Auch die moderne Medizin kann dem nur wenig entgegensetzen.

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In den Schubladen der Gesundheitsämter liegen Pläne für den Fall der Fälle

In Westafrika ist das Ebola-Virus gerade eine sehr reale Gefahr für viele Menschen. Mehr als 1300 haben sich schon infiziert, fast 730 sind gestorben. Die Krankheit wütet in Westafrika so lange und intensiv wie noch nie seit ihrer Entdeckung im Jahr 1976. Kein Wunder also, dass Ebola auch Menschen in Europa das Fürchten lehrt. Das Virus könnte - theoretisch - mit dem nächsten Flieger nach Europa kommen. Und die Sorge ist größer geworden, nachdem sich auch zwei Experten mit dem Virus angesteckt haben. Der Amerikaner Kent Brantly kämpft noch in einem Krankenhaus in Liberias Hauptstadt Monrovia um sein Leben. Der zweite, Sierra Leones erfahrener Chefvirologe Sheikh Umar Khan, ist am Dienstag verstorben. Dabei hatte sich unter anderem das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf schon auf seine Ankunft vorbereitet, um ihm zu helfen. Umar Khan hatte zuvor selbst mehr als 100 Ebola-Patienten behandelt.

Experten sind sich einig, dass die Ebola-Seuche, die nun so heftig in Afrika wütet, in Deutschland kaum eine Chance hätte. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Krankheit in Europa Fuß fasst", sagt Stephan Becker, Experte für Ebola und ähnlich gefährliche Viren an der Universität Marburg. Einzelfälle könne man aber natürlich nicht ausschließen. Jederzeit kann ein Mensch, der sich in Afrika angesteckt hat, ins Flugzeug nach Deutschland steigen und die Seuche so mitbringen. Auf diese Weise hat sich die Epidemie jüngst wohl nach Nigeria ausgebreitet. Die Ebola-Viren schlummern erst einmal bis zu drei Wochen im Körper eines Infizierten, bevor der anhand von Symptomen merkt, welche Gefahr für sich und andere er in sich trägt.

Sollte ein Infizierter in Deutschland ankommen, meint Becker, würde er aber sehr schnell identifiziert und in Quarantäne gesteckt. Dafür gibt es insgesamt neun Sonderisolierstationen - in Hamburg, Berlin, Leipzig, Würzburg, München, Stuttgart, Saarbrücken, Frankfurt am Main und Düsseldorf: Binnen einer Stunde können hier Zimmer in eine Seuchenstation verwandelt werden. Die Patienten werden in speziellen Krankenwagen gefahren, die sich danach rundum desinfizieren lassen.

Marburg-Fieber tötete mehrere Deutsche

Bis ein Kranker dorthin gelangt, mag er zwar noch wenige Bekannte angesteckt haben, weil er zunächst gar nicht bemerkt hat, welch teuflische Erkrankung er in sich trägt. Doch muss er da schon engen Körperkontakt gehabt haben. "Über Tröpfcheninfektion verbreitet sich Ebola nicht", sagt Becker.

Einen eingeschleppten Ebola-Fall hat es in Deutschland noch nie gegeben. Allerdings ist im Jahr 1999 eine Studentin mit dem ebenfalls kaum beherrschbaren Lassa-Fieber aus Afrika nach Hause zurückgekehrt. Das Lassa-Fieber gehört ebenso wie das Ebola-, das Marburg- und das Gelbfieber zu den hämorrhagischen, den "blutbrechenden" Fiebern. Die 23-Jährige wurde auf einer Spezialstation am Missionsärztlichen Klinikum Würzburg behandelt - erfolglos. Aus ihrem Umfeld hatte sich niemand angesteckt.

Zum bislang schwersten Ausbruch eines hämorrhagischen Fiebers in Deutschland kam es 1967. Damals erkrankten Laborangestellte des Pharmakonzerns Behringwerke. Vermutlich hatten Versuchsaffen aus Uganda das mit dem Ebola-Virus fast identische Marburg-Virus eingeschleppt. Von den insgesamt 31 erkrankten Personen starben sieben.

Für den Fall, dass Viren nach Deutschland gelangen, liegen bereits Notfallpläne in den Schubladen. Schließlich lassen sich die tödlichen Viren zumindest theoretisch als Biowaffen nutzen. Doch so gefährlich Ebola auch ist: In einem technisch hochstehenden Land lässt sich die Seuche auch schnell wieder in den Griff bekommen.

Helfer fürchten das Virus

Auch in Afrika war Ebola bislang nie ein langes Thema. Der Grund, weshalb die Seuche auf dem Planeten eher selten vorkommt, liegt gerade in ihrer Aggressivität: Ebola ist kein besonders schlaues Virus im Sinne der Evolution. Weil es seine Opfer in so kurzer Zeit dahinrafft und erst ansteckend ist, wenn schon Symptome zu erkennen sind, rottet es sich auch selbst schnell wieder aus. Die Ausbrüche begrenzen sich selbst. Gerade weil die Viren ihre Wirte so rasch und effektiv umbringen, sind diese kaum in der Lage, viele andere Menschen anzustecken.

Bis es zu dem großen Ausbruch jetzt in Westafrika kam, hat ein Ebola-Ausbruch nie mehr als 280 Todesopfer gefordert. Diese Größenordnung hat es auch nur einmal gegeben - bei dem Ausbruch 1976 in Zaire (der heutigen Demokratischen Republik Kongo), als die Krankheit erstmals überhaupt registriert wurde. Meist forderte das Ebola-Fieber nur wenige Opfer, bevor es sich selbst erstickte. Beim letzten notierten Ausbruch im September 2012 in der Provinz Orientale in der Demokratischen Republik Kongo wurden zum Beispiel lediglich 19 Tote gezählt.

Wie schwer dem Erreger aber im Einzelfall zu begegnen ist, zeigt auch die zunehmende Zahl an infizierten Helfern. "Niemand weiß, was da genau passiert ist", sagt Stefan Dold von Ärzte ohne Grenzen. Die Helfer seien im Allgemeinen gut geschult und wüssten sich zu schützen. "Mit der Müdigkeit steigt das Risiko, Fehler zu machen oder sich anzustecken", sagt Jean-Claude Manuguerra vom Institut Pasteur in Paris, der im April zwei Wochen lang in Guinea war, wo die Epidemie ihren Ausgang nahm. "Ich habe Ärzte gesehen, die von der Arbeit ausgelaugt waren, durch die ständige Anspannung, manchmal aber auch durch die Gefühle, die der Tod so vieler Patienten mit sich bringt." Dringend werden nun mehr Helfer in Afrika gebraucht. Doch die Erkrankungen und Todesfälle selbst unter den Experten, so sagt Stefan Dold, würden "die Sache nicht einfacher machen".

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