Ebola-Ausbruch in Uganda:"Jeder hat Angst"

Es begann mit einem toten Mädchen. Uganda beklagt erneut eine Ebola-Epidemie, mindestens 16 Menschen sind schon an den Folgen der Viruskrankheit gestorben. Präsident Yoweri Museveni fordert seine Bürger dazu auf, Körperkontakt zu vermeiden - sogar Händeschütteln ist gefährlich.

Katrin Blawat

Andere Menschen mit den Händen zu berühren, gehört in Afrika zum Alltag. Und auch zum Tod. Bei Bestattungen fassen die Hinterbliebenen den Leichnam mehrmals an und waschen ihn. Und darauf sollen sie nun verzichten. Alles andere ist lebensgefährlich, denn eine gefürchtete Seuche ist wieder aufgetaucht: Ebola.

Ebola-Virus

So klein, so tödlich: Das Ebola-Virus. In Uganda ist es erneut ausgebrochen.

(Foto: dpa)

Sie ist das Spezialgebiet von Paul Roddy, der bei Ärzte ohne Grenzen arbeitet. Seine Disziplin, die Epidemiologie, untersucht all die Winkelzüge und Tricks, die ein Krankheitserreger aufbietet, um sich in einer Bevölkerung zu verbreiten. So, wie es derzeit das Ebola-Virus im Bezirk Kibaale im Westen Ugandas schafft. Bislang sind dort mindestens 16 Menschen an den Folgen der Viruskrankheit gestorben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet von mehr als 50 weiteren vermutlich infizierten Menschen, die in Isolierstationen liegen.

Offiziell wurde der Beginn der Seuche auf Ende Juli datiert, doch die ersten Betroffenen waren mindestens zwei Wochen zuvor erkrankt. "Der Ausbruch dauert noch an", sagt Roddy. Und damit auch seine Arbeit, die zum großen Teil aus Erklären und Beantworten besteht. Ist jemand, der die Seuche allen Prognosen zum Trotz überlebt hat, noch ansteckend? "Nein", beruhigt Roddy dann, von einem ehemaligen Patienten gehe keine Gefahr mehr aus.

Ein totes Mädchen als Ausgangspunkt

Mehr Sorgen bereiten dem Epidemiologen die Beerdigungen. Die landestypischen Bestattungsriten sehen vor, dass sich die Hinterbliebenen mit engem körperlichen Kontakt von dem Verstorbenen verabschieden. Dabei könne das Virus leicht vom Toten in die Lebenden gelangen, warnen in Kibaale nun sogenannte "Safe Burials Teams".

Wie die Organisation Ärzte ohne Grenzen berichtet, sind 15 von 65 Menschen erkrankt, die ein drei Monate altes Kind beerdigt hatten, das Opfer der Seuche geworden war. Das kleine Mädchen gilt als der vermutlich erste Fall des derzeitigen Ebola-Ausbruches. "Bei einem Ebola-Ausbruch hat jeder Angst", sagt Roddy, "die Erkrankten ebenso wie die Gesunden und Mitarbeiter von Krankenhäusern und Hilfsorganisationen." Und wer Angst hat, dem geben Traditionen wenigstens ein bisschen Halt. "Es ist schwer, den Bestattungsriten Einhalt zu gebieten und die Dorf-Bevölkerung zur Mitarbeit zu bewegen", sagt auch der Marburger Ebola-Experte Stephan Becker.

Zumal das Ebola-Virus nicht nur bei Beerdigungen leicht weitere Opfer finden kann. Schon eine ganz alltägliche Begegnung auf der Straße kann zur Gefahr werden, wenn sich Freunde mit Handschlag begrüßen. Der Erreger breitet sich über Schweiß, Speichel, Urin und andere Körperflüssigkeiten aus. Keine körperlichen Kontakte mehr, hat daher Ugandas Präsident Yoweri Museveni gefordert. Viele Menschen reckten nun stattdessen zur Begrüßung die Faust in die Höhe, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.

Impfstoff-Entwicklung: Ein ethnisches Dilemma

Lokalen Medienberichten zufolge sind Schüler vom Unterricht befreit, Häftlinge dürfen vorübergehend keine Besucher empfangen. Im Seuchengebiet spüren auch diejenigen das Virus, die es gar nicht in sich tragen. Und immer wieder kommen Erinnerungen auf an die vergangenen Ebola-Ausbrüche. Vier waren es seit der Jahrtausendwende in Uganda: in den Jahren 2000 und 2007 sowie vergangenes Jahr. Warum gerade Uganda so oft betroffen ist, wissen Forscher nicht genau. Allerdings hat die Seuche seit ihrem erstmaligen Auftreten 1976 auch in weiteren Ländern Zentralafrikas gewütet. Weltweit sind nach WHO-Angaben 1850 Fälle bekannt, von denen 1200 tödlich endeten.

Immerhin zeichnet sich inzwischen ab, woher der Erreger stammt. Vermutlich nehmen Menschen ihn über Buschfleisch auf, etwa wenn sie Affen essen, eine in Zentralafrika verbreitete Speise. Affen, Antilopen und andere Tiere infizieren sich wohl ihrerseits durch Flughunde. Diese Tiere tragen häufig das Ebola-Virus in sich, erkranken aber selbst nicht oder nur sehr mild. "Womöglich schütten die Flughunde zu manchen Zeiten besonders viele Viren aus, etwa über Kot", sagt der Virologe Becker. Mit etwas Zeitverzögerung kann so eine Ebola-Epidemie unter Menschen entstehen. Da sich die Symptome manchmal erst drei Wochen nach der Infektion zeigen, dauert es oft lange, ehe der erste Ebola-Fall eines Ausbruchs diagnostiziert ist.

Zaire-Typ tötet bis zu 90 Prozent seiner Opfer

Wen der Erreger erwischt hat, der kann nur hoffen, zu jener Hälfte der Infizierten zu gehören, die der Statistik zufolge überleben werden. Forscher kennen vier verschiedene, für den Menschen gefährliche Varianten des fadenförmigen Virus. Beim derzeitigen Ausbruch in Uganda handelt es sich wohl um den Sudan-Typ, der mit einer Todesrate von etwa 50 Prozent als vergleichsweise harmlos gilt. Der Zaire-Typ tötet bis zu 90 Prozent seiner Opfer.

Gemein ist allen Ebola-Viren, dass sie Fieber verursachen und das Immunsystem angreifen - und vollständig durcheinanderbringen. Die attackierten Zellen reagieren ähnlich wie ein Mensch unter großem Druck: Sie werden entweder hyperaktiv, was unter anderem zu den gefürchteten Blutungen führt. Oder die Abwehrzellen funktionieren überhaupt nicht mehr, was ebenfalls fatal endet.

Heilen können Ärzte die Infektion nicht, sondern nur einige der Symptome behandeln. So leiden viele Erkrankte unter Austrocknung und müssen Flüssigkeit bekommen. Impfstoffe sind bisher nicht auf dem Markt - wohl aber entwickelt. In Versuchen an Affen und Mäusen haben sich mehrere Kandidaten als wirksam erwiesen. Könnten diese Substanzen nun nicht Leben in Uganda retten? "Das ist ein ethisches Dilemma", sagt der Marburger Ebola-Experte Becker. "Man hat einen vermutlich wirksamen Impfstoff, der aber nicht zugelassen ist. Viele Menschen werden so eine Impfung gar nicht wollen."

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