Bundesrechnungshof:Sind Zahnspangen teuer und nutzlos?

Kieferorthopädische Behandlung eines Jugendlichen - der Bundesrechnungshof fordert 2018 den gesundheitlichen Nutzen dieser Behandlungen.

Unangenehm und teuer sind Zahnspangen ganz sicher, aber sind sie auch nützlich? Der Bundesrechnungshof hat Zweifel.

(Foto: imago stock&people)
  • Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesregierung unwirtschaftliches Verhalten bei einer Reihe von Projekten und Ausgaben vor.
  • Mehr als eine Milliarde Euro werden jedes Jahr für kieferorthopädische Behandlungen ausgegeben.
  • Studien zum gesundheitlichen Nutzen fehlen.

Mehrkosten durch schlechtes Management bei der Bundeswehr, zweifelhafter Nutzen kieferorthopädischer Behandlungen und unnötige Ausgaben beim Straßenbau: Der Bundesrechnungshof hat der Bundesregierung bei verschiedenen Projekten und Ausgaben unwirtschaftliches Verhalten vorgeworfen. Dabei haben die Prüfer auch Krankenkassen ins Visier genommen. Diese wenden laut Rechnungshof pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro für kieferorthopädische Behandlungen auf - obwohl deren medizinischer Nutzen nur unzureichend erforscht sei.

Die Kosten pro Behandlungsfall haben sich demnach in den Jahren 2008 bis 2016 ungefähr verdoppelt. Die weitaus meisten Patienten sind Kinder und Jugendliche. Nach Angaben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), einem Spitzenverband der Zahnärztinnen und -ärzte, wird schätzungsweise mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Deutschland kieferorthopädisch behandelt. Die Behandlung dauert regelmäßig zwei bis vier Jahre. Kieferorthopädische Leistungen erbringen Zahnärztinnen und -ärzte, die meist eine Zusatzqualifikation zum Kieferorthopäden haben.

Therapienutzen braucht wissenschaftliche Bestätigung

Dem Gesundheitsministerium und den Krankenkassen fehlten aber wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über Wirkung und Nutzen kieferorthopädischer Behandlungen. Zudem hätten sie keinen Überblick, mit welchen kieferorthopädischen Leistungen die Bevölkerung konkret versorgt werde, heißt es im Bericht der Rechnungsprüfer. Es fehlten bundesweite Daten, z. B. über Art, Dauer und Erfolg der Behandlung, behandelte Altersgruppen, zugrundeliegende Diagnosen sowie die Zahl der abgeschlossenen Fälle und Behandlungsabbrüche.

Hinweisen auf Missstände sei das Ministerium seit Jahren nicht nachgegangen. "Auch im Sinne der Patienten ist zu klären, welche Leistungen zu Behandlungserfolgen führen", sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller. In anderen Leistungsbereichen der gesetzlichen Krankenversicherung müsse der Nutzen einer Therapie wissenschaftlich bestätigt sein. "Das sollte auch bei kieferorthopädischen Behandlungen der Fall sein."

Das Ministerium dürfe sich bei der Beseitigung der Missstände nicht auf die gesetzliche Krankenversicherung verlassen, heißt es in dem Bericht weiter. "Es bestehen seit Jahren Hinweise, dass bei kieferorthopädischen Behandlungen das Wirtschaftlichkeitsprinzip als ein tragender Grundsatz im Recht der Krankenversicherung verletzt wird." Der Bundesrechnungshof hat deshalb empfohlen, die kieferorthopädische Versorgungslage, Behandlungsnotwendigkeiten und -ziele sowie Qualitätsindikatoren und -kontrollen zu erfassen und objektiv auszuwerten: "Für medizinisch nicht notwendige oder nicht ausreichende Behandlungen dürfen Krankenkassen nicht aufkommen."

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