Ansteckungsgefahr:Erreger aus dem Mäusedreck

Rötelmaus oder Waldwühlmaus Myodes glareolus Kroatien Europa ibxshu03938520 jpg

Die Rötelmaus überträgt das Hantavirus in Deutschland am häufigsten.

(Foto: imago/imagebroker)

In Deutschland breitet sich das Hantavirus aus. Warum dieses Jahr besonders viele Infektionen zu erwarten sind - und wie man sich schützen kann.

Von Hanno Charisius

Wenn die Mäuse im Winter und Frühjahr viel zu fressen haben, kann das Aufräumen der Gartenlaube schon mal zum Gesundheitsrisiko geraten. Die Nagetiere zählen zu den wichtigsten Wirten der Hantaviren, die Menschen gefährlich werden können. Infizierte Tiere scheiden die Erreger in ihrem Speichel, im Urin und Kot aus. Wirbeln beim Ausfegen von Hütten, Scheunen oder Kellerecken die infektiösen Hinterlassenschaften mit dem Staub auf, kann sich der Frühjahresputzer mit dem Virus anstecken.

In dieser Saison scheint die Versorgungslage der Mäuse ziemlich gut zu sein, denn die Zahl der Infektionen ist hoch wie schon lange nicht mehr. "Dieses Jahr könnte ein Rekordjahr werden", sagt Detlev Krüger vom Konsiliarlabor für Hantaviren an der Charité in Berlin. Allein in Baden-Württemberg wurden seit Jahresbeginn bereits über 450 Fälle gemeldet, weit mehr als im vergangenen Jahr in ganz Deutschland. Bis Mitte Mai waren dem Robert-Koch-Institut (RKI) 607 Hanta-Infektionen aus ganz Deutschland gemeldet worden. Die Zahl der Infektionen schwankt von Jahr zu Jahr stark. 2016 registrierte das RKI 282 Erkrankte, 2012 waren es 2825 - bisheriger Höchststand. Krüger rechnet bundesweit mit 2000 bis 3000 Fällen bis zum Jahresende.

Schuld sollen unter anderem die Buchen sein, die im vergangenen Herbst so reichlich Bucheckern abgeworfen haben, dass sich Mäuse und andere Nager dank Nahrungsüberangebots stark vermehren konnten. In Deutschland ist es vor allem die Rötelmaus, die den Erreger überträgt. Aber auch andere Nager und Spitzmäuse dienen als Wirte für die Viren. Je nach Erregertyp kann die Krankheit unterschiedlich schwer verlaufen. Die in Mitteleuropa kursierenden Hantavirus-Typen werden nur selten lebensgefährlich, 90 Prozent der Infektionen würden gar nicht erst bemerkt oder mit anderen Krankheiten verwechselt, sagt Krüger.

Bei hiesigen Hantaviren verläuft eine schwerere Infektion meist zunächst grippeähnlich, mit hohem Fieber über drei bis vier Tage, hinzu kommen Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen. In seltenen Fällen kommt es zu Nierenversagen. Die Todesrate schätzt Krüger in Deutschland auf unter 0,1 Prozent, "weil die Virustypen hier vergleichsweise harmlos sind, und die medizinische Versorgung so gut ist". In Brasilien kursieren hingegen gefährlichere Virustypen, dort liege die Todesrate unter den Erkrankten bei 50 Prozent. "Dort ist das ein Killer", sagt Krüger.

In Deutschland gibt es ein paar Regionen mit deutlich erhöhtem Hanta-Risiko. Dazu zählen unter anderem die Schwäbische Alb, der Raum Osnabrück, der Odenwald, Oberschwaben, die Fränkische Alb und der Bayerische Wald. Weshalb die Hanta-Belastung der Nager regional so stark schwankt, liegt wahrscheinlich an der Heimattreue der Tiere. Rötelmäuse etwa bleiben bevorzugt in ihrem Tal, das haben Erbgutanalysen gezeigt.

In den betroffenen Regionen müssen Förster und andere Menschen, die im Freien arbeiten oder Sport treiben, also besonders vorsichtig sein. Und vor dem Ausfegen des Kellers ist es womöglich ratsam, den Staub etwas anzufeuchten, damit er am Boden bleibt. Besser noch sorgt man dafür, dass Mäuse erst gar nicht ins Haus kommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: