Kinderheilkunde:Pflaster ohne Tränen

Ausgerechnet die Medizin für Kinder gehört zu den vernachlässigten Forschungsfeldern. Das will das Institute for Pediatric Innovation in den USA ändern. Eine erste Innovation hat das Institut nun vorgestellt: Ein Pflaster, das beim Abreißen nicht weh tut.

Christina Berndt

Konventionelle Heftpflaster tun weh, wenn man sie entfernt.

Konventionelle Pflaster tun weh, wenn man sie von der Haut abzieht. Ein neues Pflaster soll sich schmerzfrei entfernen lassen.

(Foto: dapd)

Die Kinderheilkunde braucht Innovationen. Ausgerechnet die Medizin für die Kleinsten gehört zu den vernachlässigten Forschungsfeldern. Das musste Don Lombardi während seiner Zeit als Leiter der Abteilung für Technologietransfer am Children's Hospital in Boston feststellen. Als Rentner gründete er deshalb das nichtkommerzielle Institute for Pediatric Innovation.

Er wollte helfen, die Medizin so zu verändern, dass sie besser an die Bedürfnisse von Kindern angepasst ist. Eine der daraus entstandenen Innovationen wird jetzt in der Fachzeitschrift PNAS (online) präsentiert. Es ist ein Pflaster, das beim Abreißen nicht weh tut.

Jeder kennt das: Wunden bei Kindern schmerzen zweimal - wenn sie entstehen, und wenn das Pflaster von der Haut herunter muss. Vor allem Heftpflaster, wie sie im Krankenhaus verwendet werden, um Verbände, Kanülen oder Katheter zu fixieren, verdanken ihren Nutzen der Klebkraft. "Auf Neugeborenenstationen ist das eines der größten Probleme", sagt einer der Erfinder des "Pflasters ohne Tränen", Bryan Laulicht vom Brigham and Women's Hospital in Boston. Dort also, "wo die Patienten hilflos sind und häufig quasi in medizinische Pflaster eingewickelt werden, die für erwachsene Haut entwickelt wurden".

Während herkömmliche Pflaster bei Erwachsenen aber so nachgeben, dass am Ende Kleberspuren auf der Haut zurückbleiben, ist es bei Neugeborenen oft andersherum, ergänzt Koautor Jeffrey Karp: Hier wird mit dem Pflaster die zarte Haut abgerissen. Nicht selten blieben Narben zurück.

Das neue Tape soll nun bestens kleben - und trotzdem leicht wieder abzubekommen sein. Es besteht aus drei statt der üblichen zwei Lagen. Zwischen den Geweberücken und der Klebeschicht hat das Team ein Hightech-Material eingefügt. Dessen Eigenschaften sind richtungsabhängig: Beim Aufdrücken hält die Schicht das Pflaster zusammen; beim Abreißen aber löst sie sich von der Klebeschicht. Der auf der Haut zurückbleibende Rest könne einfach abgerollt werden, so Karp.

Pillen für Kinder - an Erwachsenen getestet

Das "Pflaster ohne Tränen" ist eines von drei Medizinprodukten, die das Institute for Pediatric Innovation derzeit weiterentwickelt.

Ein innovativer Tubus zur Beatmung soll seine Position in der Luftröhre selbständig melden; dies könnte viele der sonst nötigen Röntgenaufnahmen überflüssig machen.

Und ein Transilluminator soll Venen von Babys sichtbar machen, sodass ihnen vergebliche Stiche erspart bleiben, mit denen Ärzte und Schwestern die winzigen Venen suchen.

Zehn weitere Innovationen betreffen die Rezeptur von Arzneien. Auch hier seien Neuerungen bitter nötig, betont Lombardi.

Immer noch zermahlen Pharmazeuten für Kinder Pillen, die eigentlich für Erwachsene gedacht und auch nur an diesen getestet sind. Dadurch ist die Medikation nicht nur ungenau, sondern mitunter auch ineffizient oder gefährlich. Kinder sind nicht einfach halbe Portionen, wie Pädiater und Pharmakologen betonen. Neugeborene verstoffwechseln Medikamente noch sehr langsam. Im Krabbelalter dagegen sind Leber und Niere besonders aktiv. Da benötigen Kinder mitunter sogar höhere Dosierungen als Erwachsene.

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