Bestechung im Gesundheitswesen:Minister Bahr erwägt Anti-Korruptions-Gesetz für Ärzte

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Bestechliche Ärzte stärker als bisher zur Rechenschaft ziehen - das fordern die Krankenkassen. Gesundheitsminister Bahr prüft jetzt ein entsprechendes Gesetz, denn bisher können zumindest freiberufliche Ärzte wegen Korruption nicht strafrechtlich belangt werden.

Nina von Hardenberg

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr prüft strengere Regeln gegen Korruption von niedergelassenen Ärzten. Das Ministerium habe die verschiedenen Akteure der Gesundheitspolitik aufgefordert, darzulegen, ob die derzeitigen standesrechtlichen Verbote ausreichten. Diese Information werde derzeit ausgewertet, erklärte ein Ministeriumssprecher. Er reagierte damit auch auf die Forderung der Krankenkassen, gegen Korruption von niedergelassenen Ärzten vorzugehen.

"Freiberuflichkeit darf kein Freibrief für Korruption sein. Hier müssen strafrechtliche Sanktionsmechanismen greifen", hatte der Chef des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, der Frankfurter Rundschau gesagt. Der Spitzenverband der Krankenkassen hatte sich im Oktober in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, Ärzte, die sich bestechen lassen, mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe zu bestrafen. Die gleiche Strafe solle demnach auch den Personen drohen, die Ärzten Geld oder andere Vorteile zukommen lassen.

Hintergrund der Diskussion über strengere Regeln gegen Korruption ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte im März 2012 in einer Grundsatzentscheidung befunden, dass niedergelassene Ärzte als Freiberufler nicht wegen Bestechlichkeit belangt werden können. Im konkreten Fall hatte eine Pharmareferentin des Herstellers Ratiopharm Schecks für mehrere tausend Euro an verschiedene Kassenärzte verteilt, die im Gegenzug Arzneimittel des Konzerns verschrieben hatten. Anders als bei dem angestellten Arzt sei dies bei einem Freiberufler nicht strafbar, entschied der BGH. Der Gesetzgeber müsse entscheiden, ob er das Straffrecht an dieser Stelle ausweiten wolle.

Ungleichbehandlung von Freiberuflern und angestellten Ärzten

Genau dies fordern die Kassen, sie verweisen dabei auch auf die Ungleichbehandlung von angestellten Ärzten und Freiberuflern. Die Ärzte selbst hingegen pochen darauf, dass Ärzten die Annahme von Vorteilen seit langer Zeit standesrechtlich verboten sei. "Das ärztliche Berufsrecht und auch das Sozialrecht enthalten eine Fülle von Anti-Korruptionsvorschriften", sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler. So dürfen Ärzte kein Geld dafür erhalten, dass sie ihre Patienten in eine bestimmte Klinik überweisen. Auch die Annahme von Geschenken der Pharmaindustrie ist verboten. Wer dagegen verstoße, dem drohten Sanktionen bis hin zum Zulassungsentzug, so Köhler.

Der Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, erklärte sich bereit, ein Gesetz zur Korruptionsbekämpfung zu unterstützen, sofern es sich nicht nur gegen Ärzten richte, sondern auch andere Akteure wie etwa Pflegedienste erfasse und auch die Geldgeber bei Korruptionsfällen bestrafe. Die Debatte kritisierte er als "grotesk übertrieben". Er verwies darauf, dass bei Ärzten schon seit Langem ein Bewusstseinswandel eingesetzt habe.

Tatsächlich gibt es kaum Informationen darüber, wie verbreitet Fehlverhalten von Ärzten wirklich ist. Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International schätzt, dass im Gesundheitswesen hier jedes Jahr ein Milliardenschaden entsteht. Der Spitzenverband der Krankenkassen hat 2008 eine Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen eingerichtet. Aufgrund von Datenschutz konnte diese aber erst seit Anfang 2012 die Daten aller Kassen einheitlich erheben. Bislang wurden keine Zahlen dazu veröffentlicht.

© SZ vom 03.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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