Analgetika:Schmerzmittel erhöhen Infarktrisiko bei Herzpatienten

Viele gängige Schmerztabletten bergen Risiken für das Herz. Besonders gefährdet sind Patienten, die schon einmal einen Infarkt hatten.

Christina Berndt

Schmerzmittel sind nicht gut fürs Herz. Diese Erkenntnis wird durch eine neue Studie gestützt, für die dänische Wissenschaftler nationale Krankenregister durchforstet haben. Demnach tragen Herzinfarkt-Überlebende ein um 30 Prozent erhöhtes Risiko für einen weiteren Infarkt, wenn sie ab und zu Schmerzmittel einnehmen. Auch das Risiko zu sterben ist durch die Medikamente erhöht, warnen die Wissenschaftler um Anne-Marie Schjerning Olsen vom Kopenhagener Universitätskrankenhaus im Fachblatt Circulation.

Pharma-Großhandel in Deutschland

Auch freiverkäufliche Schmerzmittel sind nicht harmlos.

(Foto: dpa)

Sie haben das Schicksal von fast 100.000 Personen ausgewertet, die zwischen 1997 und 2009 einen Herzinfarkt erlitten und ihn überlebt haben. Auch untersuchten sie, ob den Herzkranken später nichtsteroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen und Naproxen verschrieben wurden. Solche Informationen werden in Dänemark in Registern erfasst, die für Forschungszwecke zugänglich sind.

Demnach hielt das erhöhte Todes- und Infarktrisiko der Schmerzmittel-Konsumenten auch fünf Jahre nach dem Infarkt an. "Ärzte, die Herzpatienten betreuen, müssen begreifen, dass solche nichtsteroidalen Antiphlogistika gefährlich sind, auch Jahre nach einem Infarkt", folgert Schjerning Olsen aus ihrer Studie. "Es gibt für diese Patienten offenbar keine Dosierung, die sicher ist."

Dieser Schluss geht Kay Brune nun doch zu weit. "Das geben die Daten nicht her", sagt der Pharmakologe von der Universität Erlangen. Über die Dosis gibt die Analyse der Register durch die dänischen Forscher keinen Aufschluss. Sie zeigt lediglich, welchen Patienten Schmerzmittel verschrieben wurden - und nicht, wie viel sie davon nahmen. Auch bleibt unklar, wie viele Patienten sich frei verkäufliche Schmerzmittel aus der Apotheke geholt haben.

Dass die Medikamente dem Herzen schaden, ist in Brunes Augen allerdings belegt. "Alle nichtsteroidalen Antiphlogistika - vom althergebrachten Paracetamol bis zum modernen Etoricoxib - sind mit diesem Risiko verbunden", sagt Brune. Das Problem liege im Wirkmechanismus der Mittel: Sie lindern Schmerzen, indem sie die Bildung körpereigener Prostaglandine hemmen. Über denselben Mechanismus werden aber auch Schutzfaktoren für die Gefäße gebildet. An ihnen mangelt es, wenn Menschen zu viel Schmerzmittel konsumieren.

"Es kommt aber auf die Dosis und die Dauer an", betont Brune. "Und auch auf die Umstände." Wer alle zehn Tage einmal eine Schmerztablette schlucke, müsse keine Herzprobleme fürchten. Brune geißelt vor allem die prophylaktische Medikamenteneinnahme, wie sie viele Sportler praktizieren: Sie nehmen schon vor einer starken Belastung wie einem Marathonlauf Schmerzmittel ein. "Damit schädigen sie Herz und Nieren doppelt", sagt der Pharmakologe. Denn während des Marathons würden die Organe auch noch schlecht durchblutet, weil der Körper vorrangig die Muskeln mit Blut versorgt. "Wer nach dem Marathon Schmerzen hat, kann die Tabletten aber ruhig nehmen", sagt er.

Allerdings sollten Schmerzmittel immer möglichst kurz und niedrig dosiert verwendet werden. Nur chronischen Schmerzpatienten bleibe oft nichts anderes übrig, als dauerhaft zu den Mitteln zu greifen, sagt Brune: "Menschen mit Arthrose sagen zu Recht: Vergiss das Infarktrisiko. Ich habe Schmerzen."

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