Zusatzversicherungen:Der Ein-Bett-Tarif bleibt

Sonderbehandlungen werden Kassenpatienten weiter offenstehen. Anders als ursprünglich geplant, sollen Zusatzversicherungen nicht die ausschließliche Domäne der Privatkassen sein.

Guido Bohsem

Eine Chefarzt-Behandlung oder ein Ein-Bett-Tarif im Krankenhaus soll auch künftig für ältere und kranke Kassenpatienten möglich sein. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen diese Tarife nach Willen der schwarz-gelben Koalition auch weiterhin anbieten dürfen. Darauf verständigten sich die Gesundheitsexperten der schwarz-gelben Koalition. Die Entscheidung kommt überraschend. Denn eigentlich hatten FDP und Union in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart , diese Zusatzversicherungen ausschließlich in die Hand der privaten Krankenversicherung zu legen und damit die beiden Versicherungsmodelle wieder schärfer zu trennen.

Operation

Zusätzliche Leistungen sollen allen Patienten offen stehen.

(Foto: iStockphoto)

Nach der jetzt getroffenen Vereinbarung dürfen die gesetzlichen Kassen diese Zusatzversicherungen weiterhin anbieten. Sie sollen aber nach dem Willen der Koalitionäre strenger beaufsichtigt werden. Versicherungs-Mathematiker (Aktuare) oder Wirtschaftsprüfer sollen das Geschäft regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg prüfen. Damit soll verhindert werden, dass die Kassen den Bereich der Zusatzversicherungen mit Geldern aus dem herkömmlichen Geschäft stützen.

Das ist laut Rechtslage bereits jetzt verboten. Jedoch wurde von den Experten der Koalition und vor allem von der privaten Konkurrenz immer wieder die Vermutung geäußert, es würde trotzdem geschehen. Mit der Prüfung durch einen Aktuar will die Koalition auch die Aufsichtsbehörden der Kassen von zusätzlichen Aufgaben entlasten. Zur Kontrolle des Geschäftsbereichs müssten die dann nur noch prüfen, ob das entsprechende Testat vorliegt, hieß es aus der Koalition.

Bislang haben sich nur sehr wenige der etwa 160 gesetzlichen Krankenkassen (GKV) an das Geschäft der Zusatzversicherungen gewagt. Die meisten kooperieren mit einem privaten Anbieter, um ihren Versicherten ein solches Modell anbieten zu können. Vorreiter ist die AOK Rheinland/Hamburg, die rund 200.000 solcher Verträge abgeschlossen hat. Dabei handelt es sich vor allem um Versicherungen, die eine Übernahme der Behandlungkosten bei einer Erkrankung im Ausland garantieren. Der Vorstandschef der Kasse, Wilfried Jacobs, zeigte sich entsprechend erfreut. "Es war eine wichtige Entscheidung, die Wahltarife und die Zusatzversicherungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu lassen." Die Versicherten schätzten es, wenn ihre Krankenkassen größere Gestaltungsspielräume erhielten.

Die privaten Versicherer (PKV) reagierten empört. Gemessen am Koalitionsvertrag vollziehe das Regierungsbündnis eine Kehrtwende, sagte der Sprecher des PKV-Verbandes, Stefan Reker. Die gesetzlichen Krankenversicherungen dürften nun weiterhin ohne verbindliches Regelwerk Zusatzleistungen anbieten, für die es keine lebenslange Garantie gibt, weil die Tarife jederzeit geschlossen werden können. "Das ist ein Rückschritt für den Verbraucherschutz."

Weil die GKV das Risiko einer Erkrankung des Versicherten nicht prüfe, sei zudem eine Quersubventionierung aus dem herkömmlichen Geschäft kaum zu vermeiden. Im Endeffekt zahle also das Gros der einfachen Versicherten, die sich eine zusätzliche Absicherung gar nicht leisten könnten. "Auch besteht der Anreiz, Zusatzleistungen erst kurz vor dem Eintritt einer Behandlung abzuschließen", sagte Reker. So sei es im Rahmen der GKV-Verträge beispielsweise möglich, einen Ein-Bett-Tarif erst dann abzuschließen, wenn eine Operation unmittelbar bevorstehe.

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