Zum Tod von Bolko Hoffmann:Ein Streitlustiger

Konfrontation war sein Lebensprinzip: Der Verleger, Investor und D-Mark-Verteidiger Bolko Hoffmann ist nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.

Hans Leyendecker

Nicht wenige der erfolgreichen Börsianer sind wunderliche Gestalten, manche sind sehr eigenbrötlerisch, aber unter allen Paradiesvögeln dieses Gewerbes war Bolko Hoffmann hierzulande die auffälligste Erscheinung: Der 1937 in Bremen geborene und viele Jahre in Düsseldorf lebende Multimillionär, Multi-Gründer diverser Vereinigungen und leidenschaftliche Euro-Gegner, ist, wie sein Effecten Spiegel am Mittwoch meldete, Anfang der Woche nach einer kurzen, schweren Krankheit im Alter von 69 Jahren gestorben.

Das Auffallendste an der Erscheinung des Bolko Hoffmann war die vollkommene Deckung von Mann und Werk. Er war ein Mann von außergewöhnlicher Streitlust.

Er konnte eifervoll bis zum Berserkerhaften sein und war sich oft das Maß aller Dinge, musste das wohl sein, um sein Gleichgewicht unerschüttert zu bewahren. Fehlbarkeit und Schwäche schloss er für sich meist aus und ließ sie bei anderen nur selten als Milderungsgründe gelten.

In vielen politischen Vereinigungen

Der gelernte Diplom-Kaufmann, dessen Vater Albert NS-Gauleiter von Westfalen-Süd war, hat sich in vielen politischen Vereinigungen versucht.

Mancher rechnete ihn der strammen politischen Rechten zu. Er schaltete in der Rechtspostille Junge Freiheit großzügig Anzeigen, doch im Kern war er vermutlich ein konservativer Wirtschaftsliberaler.

Nach seinem Studium hatte er sich zunächst mit einer Werbeagentur selbständig gemacht und dann 1972 die Effecten-Spiegel AG gegründet. Er wurde Herausgeber des gleichnamigen Börsenjournals.

Das Blatt wurde sein Sprachrohr und auch sein Kampfinstrument. 1979 gehörte er zu den Gründern der Bürgerpartei, deren stellvertretender Vorsitzender er war. Er gründete die rechtspopulistische Partei "Pro Deutsche Mitte" (Pro DM), deren Hauptziel die Bekämpfung des Euro war.

Auffällig frisierte Haare

Bundesweit bekannt wurde der Mann, der altmodische Goldrandbrillen liebte und seine Haare auffällig sorgfältig frisierte, mit einer Anzeigenkampagne gegen den Euro.

Im Jahr 2003 machte er noch einmal politische Schlagzeilen. Die Liste ProDM/Schill zog in die Wahl zur Hamburger Bürgerschaft. Spitzenkandidat war der ehemalige Hamburger Innensenator Roland Schill, der unter dem Beinamen "Richter Gnadenlos" Parteikarriere gemacht hatte. Die Liste erreichte 3,1 Prozent der Stimmen.

Als "feindliche Übernahme" beschrieb Hoffmann seinen Zugriff in der Hansestadt. Er hatte die vagabundierenden Spitzenfiguren der zerfallenden Schill-Partei übernommen, denen es nicht gelungen wäre, sich bis zur Wahl als eigene Partei zu konstituieren.

In der Politik und an der Börse agierte Hoffmann früh wie die, die heute Heuschrecken genannt werden. Der zweite Bestandteil des Wortes - schrecken - war bei ihm in der alten Bedeutung zu verstehen.

Einfache Strategie

Seine Strategie war einfach: Er suchte unterbewertete Unternehmen, stieg ein, kümmerte sich mit Lust an der Spekulation um Turnaround-Kandidaten. Auch liebte er Prozess-Aktien wie beispielsweise die Restquoten der Commerzbank AG von 1870 und die I.G. Farbenindustrie AG i.A.

Von 1983 bis 1994 war er Besitzer der Nachrichtenagentur ddp, die er im Konkursverfahren erworben hatte und dann weiterreichte.

Mit etlichen Investments machte er beachtliche Gewinne: Seine Beteiligungsgesellschaft hielt zeitweise 0,5 Prozent der Audi-Aktien. Er mischte bei EMTV mit, stieg im Vorjahr bei dem Musikunternehmen Jack White Productions AG ein, als es in der Branche kriselte.

Wenn er auf Hauptversammlungen redete, verglich er manchmal sein Vorgehen mit den Strategien des legendären Warren Buffett - das war dann doch übertrieben.

Das Fachpublikum verfolgte mit Klatschsucht und Interesse, wie er vor ein paar Jahren bei der Frankfurter Hunzinger Information AG einstieg und den Gründer dieses Unternehmens, Moritz Hunzinger, piesackte.

"Nervensäge" und "Corpus Conflicti"

Der PR-Unternehmer Hunzinger, der mit Hoffmann bis zum Schluss in diverse Prozesshändel verwickelt war, nannte den Düsseldorfer abwechselnd "Nervensäge" und "Corpus Conflicti".

Ein bizarrer Streit: Als bekannt wurde, dass Hoffmann den Rechtspopulisten Schill huckepack genommen hatte, teilte Hunzinger seinem damaligen Mehrheitsaktionär per E-Mail mit, dass dieser ab sofort Hausverbot habe: "Eine Frage der Hygiene".

Der Ausgesperrte bezeichnete das Vorgehen als "Kinderkram". Im April 2004 schied Hunzinger aus dem Unternehmen aus und stritt seitdem, mit Erfolg, mit Hoffmann um Altersversorgung, ausstehende Vorstandsgehälter und andere Spezialitäten.

Hunzinger nannte seinen neuen Hund "Bolko", damit zumindest einer, der diesen Namen hat, gehorsam ist. "Sie werden 70, ich werde 50, sollten wir nicht langsam Ruhe geben?", hat Hunzinger seinen Widersacher vor ein paar Wochen gefragt. Zum Waffenstillstand blieb Hoffmann keine Zeit mehr.

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