Zinspolitik:Erste Sparkassen nehmen Geld fürs Geldnehmen

Zinspolitik: Sparkassen, Volks- und Direktbanken stehen durch Niedrigzins und verändertes Kundenverhalten unter Druck.

Sparkassen, Volks- und Direktbanken stehen durch Niedrigzins und verändertes Kundenverhalten unter Druck.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Die Nullzinspolitik der EZB macht vielen Banken zu schaffen. Erste Sparkassen erheben nun Gebühren für Geschäftskunden, wenn diese hohe Summen anlegen.
  • Mehrere Institute in Niedersachsen beginnen damit, Kontogebühren zu erhöhen oder kostenlose Girokonten abzuschaffen.

Sparkassen verdienten lange gut daran, für Kredite mehr Geld zu kassieren als sie ihren Kunden an Zinsen fürs Sparen zahlten. Doch die Differenz zwischen den Ausleihungen und Spareinlagen, der Zinsüberschuss, wird kleiner. Der Grund: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins auf Null gesenkt.

Als Folge erheben erste Sparkassen nun Gebühren für hohe Geldanlagen. Geschäftskunden müssten zum Teil ein sogenanntes Verwahrentgelt für Anlagesummen im Millionenbereich zahlen, sagte der bayerische Sparkassenpräsident Ulrich Netzer der Deutschen Presse-Agentur.

Die Geldaufbewahrung bei der EZB kostet Banken inzwischen 0,4 Prozent Strafzins. Dieser müsse bei hohen Summen aus wirtschaftlichen Gründen zumindest teilweise an die Kunden weitergegeben werden. "Das machen inzwischen auch andere Banken so", sagte Netzer. Für Privatkunden sind Strafzinsen aber bislang kein Thema. "Unser Ziel ist, von normalen Sparern keinen Negativzins zu verlangen", sagte Netzer. Völlig ausgeschlossen sei das auf lange Sicht aber nicht.

Es sei fraglich, wie lange die jetzige Zinspolitik für die Geldinstitute noch auszuhalten sei. Mehrere Sparkassen denken schon darüber nach, das Geld im eigenen Tresor zu lagern, um es nicht teuer bei der EZB hinterlegen zu müssen. Bislang habe aber noch kein Institut damit begonnen, sagte Netzer. Sollten die Strafzinsen bei der EZB aber noch weiter steigen, könne die Aufbewahrung im eigenen Haus eine Option sein.

Die Nullzinspolitik setzt Banken in ganz Deutschland unter Druck. Mehrere Institute in Niedersachsen beginnen deshalb damit, Kontogebühren zu erhöhen oder kostenlose Girokonten abzuschaffen. Erst vor wenigen Wochen führte die Sparkasse Hannover Gebühren für das bis dahin kostenlose Online-Girokonto ein. Auch die Sparkasse Göttingen hat die Kontogebühren schon im Februar erhöht. Die Volksbank Hannover plant diesen Schritt in den kommenden Wochen. Weil darüber hinaus den Angaben zufolge immer weniger Kunden Serviceangebote in den Filialen wahrnehmen, hat die Volksbank auch Filialen zusammengelegt oder ganz geschlossen. Auch die bayerischen Sparkassen haben angekündigt, dass in diesem Jahr bis zu 220 der rund 2200 Filialen geschlossen werden sollen.

"Jeder muss in seiner Bank überlegen, wie er vorgeht"

Einen genauen Überblick darüber, welche Maßnahmen einzelne Banken nun ergreifen - und wie viel sie jeweils von den Kunden für ihre Leistungen verlangen - gibt es bislang nicht. "Jeder muss in seiner Bank überlegen, wie er über Konditionengestaltung gegen die Ertragsverluste vorgeht, die ohne Zweifel da sind", heißt es beim Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken. Und auch der Bundesverband deutscher Banken attestiert sinkende Erträge aus dem Zinsgeschäft.

Schon im vergangenen Jahr hatten die Banken angekündigt, dass Preise erhöht oder kostenlose Angebote wegfallen würden. Nun werden diese Warnungen nach und nach Realität - allerdings nicht überall. Bei den Sparkassen Lüneburg und Bremen etwa sollen die Preise den Angaben zufolge auf absehbare Zeit unangetastet bleiben. Weil dort schon seit jeher Gebühren anfielen, konnten die Rückgänge beim Zinsgeschäft bislang ausreichend abgefedert werden.

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