Zahnpasta bei dm:Colgate-Gate

Drogeriemarktkette stellt Zahncremehersteller an den Pranger

Dieses Schild weist am 25.08.2015 vor einem leeren Regalfach in einen dm-Drogeriemarkt in Düsseldorf auf die Vepackungsgrößenänderung bei der Colgate-Zahncreme hin.

(Foto: dpa)
  • Colgate verkauft Zahncreme in neuer Verpackung. Darin befindet sich ein Viertel weniger Inhalt zum selben Preis.
  • Der Drogeriemarkt dm stellt sich als Verbraucherschützer dar - und hat das Produkt aus dem Sortiment genommen.

Von Ruth Fulterer

Normalerweise ist ein großes Sortiment ein Pluspunkt für jeden Händler. Kunden mögen es, beim Einkaufen die Auswahl zu haben. Sie wollen aus einem bunten Regal das Produkt aussuchen, das am besten zu ihnen passt. Kunden sind aber auch Gewohnheitstiere und haben keine Lust, minutenlang über jeden Artikel nachzudenken, den sie in den Einkaufswagen legen. Das Leben hält genug schwierige Entscheidungen bereit, da ist es schön, wenn man sich darauf verlassen kann, dass man in der Drogerie die gewohnte Marke findet. Habituelles Kaufverhalten heißt das, wie jeder BWL-Student spätestens im zweiten Semester lernt. Und das Lehrbuchbeispiel für Produkte, die so gekauft werden, ist die Zahncreme.

Umso überraschender ist der Schritt der Drogeriekette dm, ihren Kunden die Zahncreme der Marke Dentagard vorläufig vorzuenthalten. Dort, wo sonst die Tuben liegen, hat dm ein Schild befestigt. Darauf ist ein Biber abgebildet, in seiner Pfote ein Protestschild mit der Aufschrift: "Da streiken wir!" Daneben findet sich die Erklärung: Der Hersteller von Dentagard, der Konzern Colgate-Palmolive, habe den Inhalt der Tube von 100 auf 75 Milliliter reduziert, fordere aber denselben Preis wie bisher. dm wolle da im Interesse seiner Kunden nicht mitmachen und biete die Zahnpasta deshalb nicht mehr an.

Welche Produkte wie teuer sind, ist eine Frage der Macht

Nun ist es nichts Neues, dass Hersteller bei gleichem Preis kleinere Packungen verkaufen. So werden Produkte teurer, ohne dass die Zahl auf dem Preisschild höher wird - und womöglich die Konsumenten verschreckt. Lieferanten und Händler einigen sich dann auf einen Einkaufspreis, den der Händler zahlt, und einen Endpreis, den der Kunde zahlt. Unüblich ist, dass ein Händler mit diesen Verhandlungen an die Öffentlichkeit geht.

Welche Produkte wie teuer verkauft werden, ist eine Frage der Macht - der Marktmacht zwischen Hersteller und Händler. Steht hinter einem Hersteller eine starke Marke, können die Händler kaum darauf verzichten, das Produkt anzubieten. Wenn Käufer keine Nutella im Regal finden, dann wechseln sie eher den Supermarkt als den Brotaufstrich. Bei anderen Waren, zum Beispiel bei Orangen, ist den meisten Menschen nicht so wichtig, dass sie von einem bestimmten Hersteller kommen. Deshalb können hier große Handelsketten die Bedingungen diktieren.

Die Kundenbindung an eine Zahncrememarke bewegt sich irgendwo zwischen diesen beiden Polen. Schon möglich, dass Kunden in dm-Märkten ihre Lieblingszahncreme vermissen und sich bei den Angestellten beklagt haben - doch der Anstoß für die Hinweisschilder, die in vielen Filialen bundesweit zu finden sind, kommt wohl eher aus der Marketingabteilung. In diesem Fall hat dm das Beste aus einer eigentlich ungünstigen Situation gemacht.

Die Drogeriekette schränkt ihr Sortiment ein, erklärt den Kunden aber auch die Hintergründe. Sie schiebt Colgate-Palmolive die Schuld in die Schuhe und positioniert sich als Verbraucherschützer. Wenn die Kunden stattdessen die Zahncreme der dm-Hausmarke Dontodent kaufen, kann sich die Kette zusätzlich über eine höhere Marge freuen - und sollte es den Kunden schmecken, werden sie umso lieber wieder bei dm einkaufen. Aus Gewohnheit eben.

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