Prognose: Bund 2014 in schwarzen Zahlen:Kein Verbrüderle mit Schäuble

Wirtschaftsforscher prophezeien Deutschland eine glänzende fiskalische Zukunft. Schon von 2014 an könnte die größte Volkswirtschaft Europas wieder dauerhaft Haushaltsüberschüsse erwirtschaften.

Erst die Hiobsbotschaft, dann die Jubelmeldung: Noch zu Wochenbeginn hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass Deutschlands Staatsverschuldung derzeit so schnell wächst wie noch nie zuvor. Nur einen Tag später zeichnen Ökonomen ein rosiges Bild von der künftigen Verfassung der deutschen Staatsfinanzen: Die größte Volkswirtschaft Europas werde ab 2014 dauerhaft Haushaltsüberschüsse erwirtschaften, schreibt das Handelsblatt und bezieht sich dabei auf Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Bundestag

Häufig unterschiedlicher Meinung: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (l., FDP) debattieren im Bundestag.

(Foto: dpa)

"2014 wird der Gesamtstaat einen Überschuss von 0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), 2015 dann rund ein halbes Prozent erwirtschaften", sagte IWH-Finanzexpertin Kristina van Deuverden der Zeitung. Damit zeichne sich schon mittelfristig ein erhöhter Handlungsspielraum für die öffentliche Hand ab.

So positiv diese Einschätzung bei vielen Beobachtern ankommen dürfte, innerhalb der Bundesregierung wird sie wohl unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Denn für den kleineren Koalitionspartner FDP dürfte die IWF-Prognose eine willkommene Vorlage sein, erneut die von ihr im Bundestagswahlkampf 2009 versprochenen Steuersenkungen zu fordern und so von der Führungskrise um Parteichef Westerwelle abzulenken.

Schuldenbremse statt Steuersenkungen

Schon am Wochenende hatte Wirtschaftswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) darauf gepocht, dass "Leistungsträger" steuerlich "noch vor der nächsten Bundestagswahl" entlastet werden müssten.

Doch diese Vorstellungen sind so gar nicht nach dem Geschmack von Wolfgang Schäuble (CDU). Der Finanzminister widersetzt sich niedrigeren Steuern schon seit Monaten, weil er sich vor allem der Schuldenbremse verpflichtet fühlt, die im Grundgesetz verankert ist. Die Schuldenregel zwingt den Bund dazu, sein strukturelles Defizit bis 2016 auf höchstens 0,35 Prozent des BIP zu begrenzen. Noch härter trifft die Schuldenbremse die Länder. Sie dürfen von 2020 an überhaupt keinen Fehlbetrag mehr ausweisen, solange keine konjunkturellen Krisen vorliegen.

Es dürfte Schäuble überhaupt nicht in den Kram passen, dass nach der IWH-Prognose die Ziele der Schuldenbremse viel früher erreicht werden als gesetzlich gefordert. Denn mit dem vorhergesagten Überschuss seien die öffentlichen Haushalte bereits 2014 strukturell ausgeglichen, prophezeien die Wirtschaftsforscher. Voraussetzung sei allerdings, dass die Konsolidierungspläne von Schwarz-Gelb auch in Taten umgesetzt würden, sagte IWH-Expertin van Deuverden dem Handelsblatt.

Deutliche Belebung der Konjunktur

Die künftige Gesundung der öffentlichen Haushalte liegt nach Auffassung des IWH vor allem am starken Wirtschaftsaufschwung. Da das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr unerwartet stark zulegt, erwarte das IWH nun eine Steigerung der Wirtschaftsleistung bis 2015 von 1,75 Prozent pro Jahr, schreibt das Handelsblatt. Damit fiele das Wachstum um satte 40 Prozent stärker aus in den fünf Jahren zuvor.

Die günstige konjunkturelle Entwicklung wirkt sich auf das Steueraufkommen positiv aus. Für den Zeitraum bis 2015 würden die Steuereinnahmen nach der IWH-Voraussage um 60 Milliarden Euro über dem Vorkrisenniveau liegen, schreibt das Handelsblatt. Gleichzeitig drossele die Schuldenbremse die Staatsausgaben, die Staatsquote falle daher von 2010 bis 2015 von 46,3 auf 42,5 Prozent.

Die Staatsfinanzen werden in erster Linie von der Lage am Arbeitsmarkt und von der Entwicklung der Gehälter beeinflusst. Das IWH erwarte, dass die Arbeitslosenquote von knapp sieben Prozent bis 2013 auf unter fünf Prozent sinken werde, so das Handelsblatt.

Wegen der dadurch gestärkten Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer dürften die Löhne schneller als in den vergangenen Jahren steigen. Die Latte liegt hier ohnehin sehr niedrig: Nach einer jüngsten Auswertung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf war die Gehaltsentwicklung in Deutschland im internationalen Vergleich in den vergangenen zehn Jahren real rückläufig. Wachsen die Gehälter nun wieder, stimuliert dies nicht nur den Konsum, sondern treibt auch das Lohn- und Umsatzsteueraufkommen in die Höhe.

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