Forbes-Liste:Die Welt der reichen Chinesen

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Warum Getränkehersteller Qinghou die Forbes-Liste der reichsten Chinesen anführt - aber nicht mehr als zwei Euro für ein Unterhemd zahlen will und weiterhin Billigzigaretten raucht.

Marcel Grzanna, Peking

Chinas reichster Unternehmer ist ein Geizhals. Laut Forbes-Magazin hat sich der Getränkekönig Zong Qinghou mit einem Vermögen von 53,4 Milliarden Yuan, rund 5,8 Milliarden Euro, an die Spitze der Großverdiener im Reich der Mitte gesetzt.

Goldene Toilette in einem Juweliergeschäft in Hong Kong. Der Abort steht nur Kunden zur Verfügung, die mindestens 1000 Hong-Kong-Dollar (92,50 Euro) ausgeben. (Foto: AP)

Schenkt man seinen Aussagen Glauben, ist Zong trotz seines Reichtums nicht bereit, mehr als 20 Yuan, also gut zwei Euro, in ein Unterhemd zu investieren. Auch bei den Zigaretten bleibt der Geschäftsmann sparsam. Während andere sich Edel-Zigaretten für 20 Euro und mehr leisten, bleibt Zong seiner Ein-Euro-Marke treu. Er droht sogar, die Marke zu wechseln, würde der Preis steigen. Zumindest kokettiert er damit.

Vielleicht wünscht sich die chinesische Regierung insgeheim einen Spitzenreiter der Reichenliste, der etwas verschwenderischer mit seinem Geld umgeht als Zong Qinghou das tut. Denn der Binnenkonsum in China ist weiterhin ein Problem im Wachstumsmodell des Landes, die Regierung würde ihn gerne ankurbeln.

Falsches Signal an die Bevölkerung

Wenn jetzt auch noch einer im Scheinwerferlicht steht, der sich damit brüstet, im Jahr gerade einmal gut 5000 Euro für seinen Lebensunterhalt zu benötigen, obwohl er Milliarden zur Verfügung hat, dann sendet der aus Sicht der Regierenden das falsche Signal an die Bevölkerung.

Zong kontrolliert die Wahaha Gruppe, die nichtalkoholische Getränke produziert. Der Konzern stand jahrelang in Europa in den Schlagzeilen, weil er sich nahezu pausenlos mit seinem französischen Joint-Venture-Partner Danone in den Haaren hatte. Im Herbst vergangenen Jahres endete der Kleinkrieg mit dem Verkauf der Danone-Anteile an Wahaha. Größter Profiteur davon war Geizhals Zong. Sein Vermögen kletterte in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als zwei Milliarden Euro.

Auch die Nummer zwei der Liste ist in jüngster Vergangenheit vor allem deshalb reicher geworden, weil ein westlicher Konkurrent in China kleinere Brötchen backt. Robin Li ist Gründer und Chef des Internetkonzerns Baidu.

Immobilien-Mogule lassen Federn

Die Suchmaschine des Anbieters hat erhebliche Marktanteile dazu gewonnen, seitdem ihr stärkster Mitbewerber Google den Zensurbestimmungen des Landes aus dem Weg geht und seine Kunden über Server in Hongkong umleitet. Robin Li, der als Liebling der chinesischen Zensurbehörde gilt, weil er mit ihr kooperiert, besitzt jetzt geschätzte 5,2 Milliarden Euro. Damit kletterte er um 12 Plätze von Rang 14 in der Forbes-Liste nach oben.

Die Liste spiegelt die Trends an den Aktienmärkten der vergangenen zwölf Monate wider. Die Immobilien-Mogule des Landes stehen beispielhaft dafür: Sie rutschten deutlich ab in der Rangfolge.

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Amerikas Reiche werden immer reicher. Vor allem im Internet lässt sich viel Geld verdienen, siehe Facebook. Das Magazin "Forbes" veröffentlicht die Liste der 400 wohlhabendsten US-Bürger.

2009 darf noch getrost als ihr Jahr bezeichnet werden. Staatliche Banken hatten mit einer Rekord-Kreditvergabe so viel Geld in den Immobilienmarkt gepumpt, dass die Geschäfte blühten. Seit Beginn des Jahres haben Zentralbank und Bankenaufsicht die Zügel angezogen, weil sie eine Blase am Immobilienmarkt mindestens ebenso sehr fürchten wie die Inflation. Folglich kühlte der Markt ab, die Branche musste Einbußen hinnehmen. Die Top 50 der Immobilien-Aktienunternehmen verloren im Schnitt 20 Prozent an Wert.

Doch zum Sozialfall verkümmert deswegen niemand. Zhang Guiping von der Suning Universal Group, die nichts mit dem Suning-Elektroriesen zu tun hat, verlor die Hälfte seines Vermögens und damit 67 Platzierungen. Als aktuelle Nummer 91 besitzt er aber immer noch 850 Millionen Euro. Lu Zhiqing von Oceanwide Estate ist um 360 Millionen Euro leichter, aber mit verbliebenen 1,6 Milliarden Euro auf der Habenseite gut betucht.

Die reichste Frau setzte auf die Provinz

Vielleicht hätten sich die Herren ein Beispiel an Wu Yajun nehmen sollen. Die Dame hat sich nämlich entgegen dem Trend ihrer Branche mit Immobilien von Platz 29 auf Rang 8 verbessert und besitzt 3,4 Milliarden Euro. Ihr Erfolg liegt unter anderem darin begründet, dass sie im Gegensatz zur Konkurrenz verstärkt auf kleinere chinesische Städte gesetzt hat und dort große Umsätze verbuchte.

Für die nächsten 12 Monate darf sich Wu Chinas reichste Frau nennen. Sie löste Yang Huiyan ab, die mit ihrer Immobilienfirma Country Garden Holdings und einem Vermögen von rund 2,2 Milliarden Euro von Platz 5 auf 16 zurückfiel.

Von 1 auf 10 purzelte Wang Chuanfu, der Gründer des Automobilherstellers BYD, mit dem die deutsche Traditionsmarke Daimler in einem Joint-Venture Elektroautos bauen möchte. Der Absatz von BYD stockte, die Eroberung des US-Marktes verzögert sich und ein Rechtsstreit kostet das Unternehmen zusätzliche Energie. Also sank der Wert des Börsenpapiers, und Wang ist nur noch 3,1 Milliarden Euro schwer. Im vergangenen Jahr hätte sich Wang mit dieser Summe ein Stück weiter oben platziert.

Doch immer mehr Chinesen werden immer reicher. Acht besitzen mehr als 30 Miliarden Yuan, im Vorjahr waren es nur drei. Um überhaupt in der Top 400 des Jahres 2010 verewigt zu sein, sind mindestens 307 Millionen Euro nötig, im Vorjahr genügten schon 217 Millionen.

Anspruch auf Vollständigkeit kann die Liste aber nicht erheben. Die vielen reichen Parteibonzen, deren Familien nicht zuletzt wegen Korruption und Verfilzung von Politik und Wirtschaft auf gewaltigen Vermögen sitzen, sind nicht aufgeführt. Der Vergleich mit der Anzahl Milliardäre in den USA hinkt deshalb. 128 sollen es in China sein, 400 in den USA. Die Lücke dürfte wesentlich kleiner sein.

© SZ vom 02.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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