Wohnungseigentum:Komplexe Gemeinschaft

Julia Wagner

Julia Wagner ist seit November 2016 Rechtsreferentin des Verbandes Haus und Grund Deutschland in Berlin. Zuvor war sie wissenschaftliche Referentin beim Deutschen Anwaltverein.

(Foto: Haus und Grund)

Wohnungseigentümer leben in ihren eigenen vier Wänden, müssen sich aber an viele Regeln halten. Die typischen Probleme dieser Eigentumsform nennt Julia Wagner, Rechtsreferentin des Verbandes Haus und Grund Deutschland.

Interview von Simone Gröneweg

Wird in Ballungszentren gebaut, entstehen meist Eigentumswohnungen und damit oftmals Wohnungseigentümer-Gemeinschaften (WEG). Die typischen Probleme dieser Eigentumsform nennt Julia Wagner, Rechtsreferentin des Verbandes Haus und Grund Deutschland.

SZ: Was ist das Besondere an einer WEG?

Julia Wagner: Die Eigentümer sind Mitglieder einer Gemeinschaft und gehen darum bestimmte Pflichten ein. Obwohl sie Eigentum haben, können sie damit nicht machen, was sie wollen. Wenn der Besitzer eines Einfamilienhauses neue Fenster einbauen lässt, muss er sich nicht mit anderen Eigentümern über deren Farbe oder das Material einigen. Das läuft in einer WEG anders.

Mit welchen Mehrheiten können die Eigentümer entscheiden?

Das kommt auf die jeweilige Maßnahme an. Bei einer baulichen Veränderung müssen zum Beispiel alle zustimmen, die dadurch einen Nachteil erleiden. Steht eine Modernisierung an, sollen 75 Prozent aller stimmberechtigten Eigentümer ihr Okay geben. Gleichzeitig müssen die allerdings mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile repräsentieren.

Das klingt kompliziert.

Ja, das ist es mitunter auch. Generell kann man sagen: Eine kleinere WEG mit wenigen Wohneinheiten ist darauf angewiesen, dass alle Eigentümer mitziehen. Dort kann ein einzelnes Mitglied schon viel blockieren - mit positiven, aber auch negativen Folgen. Schließlich sollte ein Gebäude regelmäßig renoviert und saniert werden.

Sind die notorischen Querulanten das Problem in den Gemeinschaften?

Nein, nicht unbedingt. Zudem kann eine ablehnende Haltung verschiedene Ursachen haben. Mancher ist vielleicht einfach nur knapp bei Kasse und versucht darum, die Sanierungen zu verhindern. Im Extremfall kann es die bessere Lösung sein, seinen Anteil zu verkaufen, anstatt noch mehr Schulden anzuhäufen oder die Gemeinschaft zu blockieren.

Wie können Käufer sich gegen mögliche Probleme wappnen?

Bevor jemand den Notarvertrag unterschreibt, kann er ins Haus gehen und Kontakt mit anderen Eigentümern aufnehmen. Das lohnt sich. So kriegt der Käufer ein Gefühl dafür, ob er überhaupt in die Gemeinschaft passt. Wer sich für eine Immobilie in einer Eigentümergemeinschaft interessiert, sollte sich die letzten Jahresprotokolle der Versammlungen anschauen. Merkt man beim Lesen, dass die Eigner völlig zerstritten sind, sollte man besser nicht kaufen. Ein Blick in die Beschlusssammlung lohnt sich ebenfalls. Dort sieht der Erwerber, ob Sanierungsmaßnahmen anstehen. Schließlich ist es möglich, dass weder der Verkäufer noch der Makler ihn darauf hingewiesen haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: