Wohnen zur Untermiete:Unter einem Dach

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Untermieter - das klingt nach Untertan, Unterordnung, Unfreiheit. Weit gefehlt, denn diese Wohnform hat für alle Beteiligten auch Vorteile.

Christa Eder

Schon das Wort ist irgendwie mit Hautgout behaftet. "Untermieter" - das klingt nach Untertan, Unterordnung, Unfreiheit. Man denkt an schäbige Mansardenzimmer, alleinstehende, skurrile Herren in abgewetzten Anzügen und schikanöse Zimmerwirtinnen, die Damenbesuch verbieten und das Wäschewaschen nach 21 Uhr.

Wohnen zur Untermiete: Man ist nicht allein, spart aber Geld. (Foto: Foto: Istockphoto)

Kein Wunder, dass der Untermieter oft für die Rolle des Sonderlings herhalten muss. In Alfred Hitchcocks "The Lodger" gerät ein Untermieter in den Verdacht, ein gesuchter Serienmörder zu sein und wird von der aufgebrachten Menge fast gelyncht.

Georges Simenon lässt seinen Kommissar Maigret als Untermieter in einer abgetakelten Pension Undercover ermitteln. Und in Vladimir Nabokovs "Lolita" entpuppt sich der möblierte Herr Humbert Humbert gar als Pädophiler.

Daneben gibt es noch den schrägen und eher harmlosen Typus des Zimmerherrn, der für belustigende TV-Vorabendserien wie "Mr. Bean" oder "Didi - Der Untermieter" taugt.

Der Untermieter ist eigentlich ein Relikt aus Zeiten von Wohnungsnot und geringer Einkommen. Bis in die sechziger Jahre war das Untervermieten von möblierten Zimmern gang und gäbe.

Laut Statistischem Bundesamt lebt heute nur noch ein sehr geringer Teil der Bevölkerung zur Untermiete. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, weil privatrechtliche Verträge nicht registriert werden, aber in Ballungsräumen spiele die Untervermietung nach wie vor eine Rolle, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB) in Berlin: "In den Städten gibt es mehr rechtliche Formen des Zusammenlebens. Relativ häufig kommt die klassische WG vor, die in der Regel als Untermietverhältnis begründet ist."

Für Wochenendheimfahrer, Studenten, Praktikanten oder Jobhopper, die sich die doppelte Miete sparen wollen, ist die Untermiete in klammen Zeiten wieder eine kostensparende Alternative. Dasselbe gilt für Mieter, die damit ihre Wohnkosten senken können. Aktuell wurde das Thema Untervermietung wieder im letzten Jahr, während der Fußball-WM. Stattliche Summen zwischen 50 Euro für ein möbliertes Zwölfquadratmeterzimmer bis 1400 Euro für eine ganze Villa in Berlin Grunewald gingen in dieser Zeit über den Tisch - pro Tag.

Untermieter führen einen unabhängigen Haushalt, haben aber meist die Erlaubnis, Küche und Bad mitzubenutzen. Allerdings manchmal eingeschränkt.

Einem BWL-Studenten in Berlin beispielsweise gewährte die Vermieterin nur morgens und abends eine, wie sie es nannte, "kleine Küchenbenutzung", womit das Kochen von heißem Wasser und kleinen Mahlzeiten, die nicht länger als eine halbe Stunde dauern, gemeint war. Gebots- und Verbotslisten, vom Rauchverbot bis zur zeitlichen Beschränkung der Telefonnutzung, kommen gelegentlich immer noch vor. Derlei Klauseln wären in einem regulären Mietvertrag unwirksam, in einem Untermietvertrag jedoch nicht.

Ein Untermietverhältnis beinhaltet weniger Schutz durch das Mietrecht. Für einen ordnungsgemäßen Untermietvertrag gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen von drei Monaten, mit Ausnahme des "möblierten Herrn", der in einem pensionsartigen Verhältnis wohnt, dem Bett und Frühstück gemacht werden. Ihm kann man innerhalb von vier Wochen kündigen.

Mitgefangen ist der Untermieter, wenn sich der Hauptmieter nicht vertragsgemäß verhält. Zwar ist er für eventuelle Schäden nicht regresspflichtig, im Falle einer Zwangsräumung gegen den Hauptmieter jedoch schon. Der Eigentümer hat bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses einen sogenannten Herausgabeanspruch gegen den Untermieter: Der muss die Wohnung ebenfalls verlassen, obwohl zwischen ihm und dem Vermieter kein Rechtsverhältnis besteht. Allerdings gibt es dazu unterschiedliche Auslegungen. Manche Gerichte verlangen auch für jeden einzelnen Untermieter einen eigenen Räumungstitel.

Zieht umgekehrt ein hartnäckiger Untermieter trotz Kündigung nicht aus, bleibt auch dem Hauptmieter die übliche Prozedur eines Räumungsverfahrens nicht erspart. Das kann sich monatelang hinziehen, und wenn der Untermieter nicht zahlen kann, bleibt der Kläger auf seinen Kosten sitzen. Das gilt auch für Schäden, die ein Untermieter in der Wohnung verursacht, denn der Hauptmieter haftet gegenüber seinem Vermieter.

Prinzipiell braucht jeder, der untervermietet, die Erlaubnis seines Vermieters. Der Vermieter muss aber einer Untervermietung zustimmen, wenn sein Hauptmieter einen triftigen Grund vorweisen kann. Hat sich beispielsweise die berufliche Situation verändert, und der Mieter muss mit einem deutlich geringeren Einkommen oder gar Hartz IV auskommen, kann ihm der Eigentümer die Untervermietung fast nicht verweigern.

Trotz der intimen Wohnsituation hat der Hauptmieter, anders als der Vermieter, keinen Anspruch auf persönliche Daten und Verhältnisse, wie Einkommen oder Familienstand, seines Untermieters. Daher empfiehlt Ropertz, die Vereinbarungen im Untermietvertrag genau zu definieren: "In jedem Fall sollte der Hauptmieter eine Mietsicherung verlangen, die Übernahme der Schönheitsreparaturen regeln und eine Betriebskostenpauschale vereinbaren."

Familienangehörige, Lebenspartner oder Besucher zählen nicht als Untermieter. Auch nicht die "heimlichen Untermieter"- Krabbeltiere, die sich als ungebetene Gäste in Schubläden und Polstergruppen einquartieren und sich am Proviant schadlos halten. Sie sind weder untertänig noch unfrei, und unterordnen können sie sich auch nicht. Dann doch lieber Kommissar Maigret oder Mr. Bean.

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