Vorschläge für einfaches Steuerrecht:Steuerreform, nächster Versuch

Überparteilicher Vorstoß: Die vier Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Bremen wollen mit elf Vorschlägen das Steuerrecht entrümpeln. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag soll erhöht werden, Arbeitszimmer können leichter abgesetzt werden, doch "Heuschrecken" müssen zahlen. Den Staat soll die Reform nichts kosten.

Guido Bohsem, Berlin

Finanzamt Steuerreform

Kann das Steuerrecht einfacher werden? Eine Textausgabe des Beck'sche Steuergesetzes.

(Foto: dpa)

Seit mehr als einem Jahr ist das Thema in Arbeit. Im Frühjahr waren sich die Bundesländer schon mal einig - und zerstritten sich dann kurz vor der Entscheidung wieder. Eine komplizierte Sache also. Was bislang immer wieder scheiterte, soll nun gelingen: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wollen die Bundesländer am 23. November einen überparteilichen Anlauf unternehmen, um die Steuer für viele Bürger und Unternehmer zu vereinfachen. Für den 14. Dezember wird ein Beschluss der Länderkammer erwartet.

Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bremen wollen dazu elf Vorschläge präsentieren. Das Ganze darf wegen der knappen Kassen nicht viel kosten. Deshalb läuft das ganze Vorhaben finanziell auf ein Nullsummenspiel raus. Zehn Millionen Euro soll der Staat zusätzlich einnehmen, schätzen die Experten. Viel Geld, doch angesichts von Steuereinnahmen des Staates von über 600 Milliarden Euro fällt diese Summe nicht besonders ins Gewicht.

Eine echte Steuersenkung dürfte durch die geplante Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages rausspringen. Die Länder wollen den Betrag um 130 Euro anheben. Damit kann man in der Steuererklärung Werbungskosten von bis zu 1130 Euro geltend machen, ohne dafür Quittungen und Belege vorlegen zu müssen. Schon für 2011 war der Pauschbetrag auf Initiative der schwarz-gelben Koalition um 80 Euro angehoben worden.

Rotstift bei haushaltsnahen Dienstleistungen

Der höhere Pauschbetrag alleine betrachtet, würde die Bürger um insgesamt 630 Millionen Euro entlasten. Doch streben die Länder eine Gegenfinanzierung an, die ebenfalls sehr viele Bürger betreffen dürfte. Dazu wollen die Länder an den sogenannten haushaltsnahen Dienstleistungen ansetzen. Bislang dürfen die Steuerzahler die Arbeitskosten beim Fiskus geltend machen. Das gilt für Malerarbeiten, für den Gärtner oder auch die Putzfrau und sonstige Tätigkeiten. Nicht nur Haus- und Wohnungsbesitzer profitieren davon, sondern auch Mieter. Wenn in der Nebenkosten-Abrechnung beispielsweise Reinigungsarbeiten oder andere haushaltsnahe Dienstleistungen auftauchten, konnten diese in der Steuererklärung geltend gemacht werden.

Nach Willen der Länder wird dies künftig nicht mehr so einfach gehen. Sie schlagen vor, dass die Kosten erst nach einer Schwelle von 300 Euro geltend gemacht werden können. Das heißt, wenn sich die Arbeitskosten etwa für eine Reparatur des Daches auf 800 Euro belaufen, können künftig nur noch 500 Euro geltend gemacht werden. 400 Millionen Euro will der Staat so zusätzlich einnehmen.

"Für Mieter und Hausbesitzer würde das zu finanziellen Einbußen führen", urteilt der Berliner Steuerprofessor Frank Hechtner. Mehr als 60 Euro pro Jahr würden die Ausfälle aber nicht betragen, da ohnehin nur 20 Prozent der Handwerkerkosten angesetzt werden dürften.

Großzügig bei Arbeitsplatz zu Hause

Großzügiger soll sich der Fiskus jedoch bei der Anerkennung eines Arbeitszimmers zeigen. Das können gewöhnlich Beschäftigte geltend machen, die an ihrer Arbeitsstätte kein eigenes Büro haben und deshalb einen Arbeitsplatz zu Hause einrichten müssen. Bislang war es recht mühselig, genau zu bestimmen, in welcher Höhe das Arbeitszimmer abgesetzt werden könnte. So musste man beispielsweise die Miete auf die Größe des Zimmers runterrechnen und in gleicher Weise auch die Strom- und Heizungskosten berücksichtigen; damit hatten nicht nur die Steuerzahler Arbeit, sondern auch die Finanzämter, die in der Pflicht stehen, die Angaben zu überprüfen. Aus diesem Grund soll laut Länder-Vorschlag künftig eine Pauschale für ein Arbeitszimmer gelten. Ohne Nachweise sollen daher Kosten von 100 Euro im Monat geltend gemacht werden können. Die so entstehenden 1200 Euro sollen gleichzeitig der neue Höchstbetrag sein, den man steuermindernd angeben kann. Derzeit liegt er bei 1250 Euro.

Ein beliebtes Steuersparmodell für Eltern wollen die Länder einschränken. Derzeit kann man seinen Arbeitgeber bitten, einen beliebig hohen Teil des Gehalts als Zuschuss für die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder auszuweisen. Auf dieses Geld müssen keine Steuern gezahlt werden. Geht es nach den Ländern, soll die Summe nun auf maximal 4000 Euro im Jahr oder auf zwei Drittel der tatsächlichen Kosten begrenzt werden. Eine gleichzeitige Steuerminderung für die Betreuungskosten ist dann nicht mehr möglich.

Zudem sollen die Pauschalbeträge für behinderte Menschen angehoben und der Nachweis von Pflegekosten vereinfacht werden. Besonders betroffen von den Plänen der Länder sind Private-Equity-Firmen: Die sogenannten Heuschrecken müssen künftig Steuern auf ihre Provisionen zahlen. Der sogenannte Carried Interest soll nach Willen der Länder nicht mehr von der Steuer befreit sein.

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