Vorgetäuschter Selbstmord:Ein neues Leben, bitte

Lesezeit: 2 min

Schluss, aus, vorbei: Weil seine Firma ins Trudeln geriet, stürzt sich ein US-Vermögensverwalter in den Tod - aber nur für die Versicherung.

Hannah Wilhelm

Die Finanzkrise schreibt zurzeit Geschichten, die Hollywood nicht besser erfinden könnte. Die Hauptrolle im neuesten Fall spielt der Amerikaner Marcus Schrenker, 38 Jahre jung, aalglatter Geschäftsmann mit einer Vier-Millionen-Dollar-Villa, mehreren Luxusautos und zwei Privatflugzeugen. Doch am vergangenen Sonntag will Marcus Schrenker sein altes Leben nicht mehr, sondern lieber ein neues. Deshalb täuscht er seinen eigenen Tod vor - auf dramatische Weise.

Der US-Manager Marcus Schrenker soll seinen Tod inszeniert haben. Dafür ließ er sein Privatflugzeug abstürzen, er selbst stieg vorher aus. (Foto: Foto: AP)

Sonntagabend ist er mit einem seiner Flugzeuge, einer sechssitzigen Piper Malibu, unterwegs nach Florida. Schrenker ist ausgebildeter Pilot, er fliegt selbst. Dann setzt er laut amerikanischen Medienberichten per Funk einen Notruf ab: Während Turbulenzen sei sein Fenster beschädigt worden, er sei verletzt, blute. Militärjets steigen auf, können die Piper bald orten. Doch den Piloten der Jets bietet sich ein merkwürdiges Bild: Die Tür des Flugzeugs steht offen, augenscheinlich ist der Autopilot eingeschaltet, das Cockpit ist dunkel und verlassen. Um Viertel nach neun stürzt das Flugzeug dann im Norden Floridas ab, in einem sumpfigen Gelände, es verfehlte nur knapp einige Häuser. Die Polizei beginnt sofort mit der Suche nach dem Piloten, doch sie finden ihn nicht, weder tot noch lebendig. Sie können auch keine Blutspuren sichern, berichtet der amerikanische Fernsehsender CNN.

Aus den Fugen geraten

Das Leben von Marcus Schrenker ist einige Wochen vor diesem Vorfall aus den Fugen geraten. Er ist Chef einer Vermögensverwaltung, kürzlich hat er einen wichtigen Prozess verloren. Sein Unternehmen soll eine halbe Million Dollar an eine Versicherungsgesellschaft zahlen. Der Vorwurf: unerlaubte Bereicherung. Schrenkers Firma soll zu Unrecht Versicherungsprovisionen einbehalten haben. Außerdem steht der Verdacht auf Wertpapierbetrug im Raum, die Ermittlungen laufen, ausgerechnet an Silvester werden Schrenkers Villa und seine Geschäftsräume von der Polizei durchsucht. Die Tageszeitung Indianapolis Star berichtet, dass der 38-Jährige Hunderttausende Dollar unterschlagen haben soll. Und dann reicht auch noch seine Ehefrau die Scheidung ein. Nein, es läuft gar nicht mehr rund bei Marcus Schrenker. Er will raus aus seinem Leben, nur sterben will er nicht. Also täuscht er seinen Tod vor.

Mit einem Fallschirm könnte er das Flugzeug verlassen haben, das vermutet die Polizei. Kurioser als in jedem Actionfilm: Montagfrüh um halb drei Uhr greifen Polizisten Schrenker auf - 360 Kilometer entfernt von dem Ort seines vermeintlichen Todes. Doch die Beamten wissen nichts von dem Täuschungsmanöver. Schrenker behauptet, einen Kanu-Unfall gehabt zu haben, die Polizisten bringen ihn in ein Hotel. Sie sind misstrauisch, ist der Mann doch nur bis zu den Knien nass und trägt eine Schutzbrille, wie sie Piloten gerne nutzen. Als sie von dem Flugzeugabsturz hören, eilen sie zurück zum Hotel. Doch Schrenker ist weg. Er soll laut Medienberichten eine schwarze Jacke angezogen haben und in den benachbarten Wald gerannt sein.

Auf dem Campingplatz versteckt

Die Finanzkrise, sie scheint die Phantasie der Manager anzuregen. Bereits im Juni vergangenen Jahres täuschte der ehemalige Hedgefonds-Manager Samuel Israel seinen Selbstmord vor, nachdem er Anleger um 450 Millionen Dollar gebracht hatte und dafür 20 Jahre ins Gefängnis sollte. Er ließ seinen Geländewagen nahe einer Brücke stehen, in den Staub auf seiner Motorhaube schrieb er: "Suicide is painless" ("Selbstmord tut nicht weh"). Nur einen Monat später stellte er sich den Behörden, er hatte sich auf einem Campingplatz in den Hügeln Massachusetts versteckt.

Nun sucht das FBI also nach Marcus Schrenker. Und Hollywood muss sich eigentlich nur noch die Filmrechte sichern.

© SZ vom 14.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: