Volkswagen:Winterkorn, Bernhard - und die Aktie läuft

Plötzlich steckt in dem VW-Papier wieder viel Phantasie: Am Donnerstag hat es zeitweise den höchsten Stand seit 1998 erreicht.

Michael Kuntz

Trotz des bevorstehenden Rücktritts von VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard erreichte die Aktie des Autoherstellers Volkswagen am Donnerstag mit zeitweilig 87,90 Euro ihren höchsten Kurs seit Juli 1998.

Volkswagen: VW-Ausstellungsräume in Wolfsburg.

VW-Ausstellungsräume in Wolfsburg.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Börse ignoriert damit den Verlust von Krisenmanager Bernhard mitten in der Sanierungsphase bei der kriselnden Marke VW. Der Grund dafür ist die Ankündigung des Sportwagenherstellers Porsche, seinen Anteil an VW auf 29,9 Prozent aufzustocken.

Das führte zu Spekulationen über eine völlige Übernahme von Europas größtem Autohersteller durch die Sportwagenfirma. Die dementierte zwar umgehend, doch reichlich Kursphantasie blieb.

Forster angeblich für Markengruppe VW vorgesehen

Als Grund für den Schritt von Bernhard gilt die angeblich vom künftigen Vorstandschef Martin Winterkorn beabsichtigte Umstrukturierung der Führung. Bernhard war Anfang 2005 vom Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder als Sanierer für die Kernmarke VW mit ihren sechs deutschen Werken nach Wolfsburg geholt worden.

Möglicherweise will der designierte neue Vorstandschef Winterkorn ihn nun aber nur zum Produktionsvorstand machen. Für die Spitze der neu zu formierenden Markengruppe VW ist angeblich der Europa-Chef von General Motors Carl-Peter Forster vorgesehen.

Außerdem wolle Winterkorn den bisherigen Chef-Designer bei VW Murat Günak durch Audi-Designchef Walter de Silva ersetzen. Ulrich Hackenberg, der die Gesamtentwicklung bei Audi verantwortet, solle Volkswagen-Entwicklungschef werden. Ob er dabei in den VW-Konzernvorstand aufrücke, sei noch unklar, heißt es.

Am Donnerstagnachmittag trat das Präsidium des Aufsichtsrats in einem Wolfsburger Hotel zusammen, um die Aufsichtsratssitzung am Freitag vorzubereiten. Der Aufsichtsrat soll Winterkorn, den Chef der VW-Tochter Audi, zum neuen Vorstandschef von 2007 an berufen.

Porsche wird seinen VW-Anteil nicht bis auf 30 Prozent oder darüber hinaus aufstocken. Denn sobald ein Unternehmen 30 Prozent an einem anderen hält, ist es verpflichtet, den Aktionären ein offizielles Übernahmeangebot zu unterbreiten. Im Fall VW wäre das ein milliardenschweres Pflichtangebot.

Am Mittwoch hatte der Porsche-Aufsichtsrat dem Vorstand die Erlaubnis für den Kauf von bis zu 29,9 Prozent an Volkswagen gegeben. Erst Montag hatte der von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch mitkontrollierte Sportwagenhersteller durch Aktienkäufe die Sperrminorität von 25,1 Prozent an Volkswagen erreicht. Bis Mittwoch stockte Porsche den Anteil auf 27,4 Prozent auf.

Die Beteiligung erhöht den Einfluss von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, da Porsche von den Familien Piëch und Porsche kontrolliert wird. Piëch hatte bereits am Dienstag bei einer Sitzung des Präsidiums des VW-Aufsichtsrates mit der Ablösung von Vorstandschef Bernd Pischetsrieder durch den Audi-Spitzenmanager Martin Winterkorn gezeigt, wie weit sein Einfluss bereits reicht, obwohl Porsche erst zwei Vertreter im Aufsichtsrat hat: den Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking und Finanzvorstand Holger Härter.

Im Januar will sich Porsche von den Familiengesellschaftern die Erlaubnis holen, das Kapital binnen fünf Jahren deutlich aufstocken zu können.

Beim jetzigen Kursniveau könnte Porsche damit acht Milliarden Euro einnehmen und sich am Kapitalmarkt weitere Mittel über Porsche-Anleihen sichern, die in der Regel auf hohe Nachfrage treffen.

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